In der modernen Pädagogik wird auf sanfte Durchsetzungstechniken
Wert gelegt, um dem Kind die "Einsicht" in die "Notwendigkeiten" -
das heißt allemal Erwachsenenvorstellungen - zu "erleichtern". Wie
"freundlich", "demokratisch", "partnerschaftlich" es dann "in
"Augenhöhe" mit "Ich-Botschaften" in "Kreisgespräch" und
"Rollenspiel" und in der "Familienkonferenz" und der "Lehrer-
Schüler-Konferenz" "menschenkundlich" und in "vorbereiteter
Umgebung" auch zugehen mag: die verheerende psychische
Herabsetzung des Kindes bleibt, da der pädagogische Erwachsene
nach wie vor - aus seinem Selbstverständnis heraus - die innere
Führung beansprucht und dem Kind die Fähigkeit, das eigene
Beste selbst wahrzunehmen, abspricht. Die heutigen "Freundlich-
keiten" kaschieren lediglich die bestehende grundlegende
Oben-Unten-Struktur, die Angriffe auf das Selbst des Kindes
und die psychische Missions-Aggression des Erwachsenen und
entziehen sie effektvoll der Thematisierung und Diskussion.
Diese "sanfte" Pädagogik hat lange Tradition. Schon der französische
Philosoph und Pädagoge Jean-Jacques Rousseau forderte 1760
in seinem Buch "Emile oder Über die Erziehung" (Reclam UB
901, 1963/2001, S. 265f.):
"Laßt ihn (den Zögling, H.v.S.) immer im Glauben, er sei der
Meister, seid es in Wirklichkeit aber selbst. Es gibt keine
vollkommenere Unterwerfung als die, der man den Schein der
Freiheit zugesteht. So bezwingt man sogar seinen Willen ...
Zweifellos darf es (das Kind, H.v.S.) tun, was es will, aber
es darf nur das wollen, von dem ihr wünscht, dass es es tut."