"Wieso machst Du Dir Gedanken darüber?"
"Sollen wir uns keine Gedanken mehr über das Verhalten und die Entwicklung unserer Kinder machen?"
"Sollen sowieso nicht. Es gibt kein Sollen mehr. Nur noch: ich will. Also: Willst Du Dir Gedanken über Deine Kinder machen? Dann tu es. Wenn Du es eigentlich nicht willst: dann lass es."
"Aber man muss doch ..."
"Wirklich? Wer sagt das?"
Amicative Menschen machen sich selbstverständlich auch Gedanken über die Entwicklung ihrer Kinder. Diese Gedanken, diese Sorgen, dieses Kümmern kommen von innen. Sie kommen nicht aus einem Sollen, einer Norm (was man als gute Eltern tun sollte). Sie kommen nicht aus Verantwortung für das Kind, sondern aus Verantwortung für sich selbst. Diese Gedanken sind Ausdruck des Kümmerns um sich selbst. "Meine Liebe zu mir umfasst auch Dich, Kind. Und deswegen mache ich mir meine Gedanken, auch um Dich."
Die
Verantwortung für Kinder wird nicht deswegen aufgegeben, weil das gut
für die Kinder ist. Dann wäre man letztlich doch für die Kinder
verantwortlich und landet bei der skurilen Position, dass man aus
Verantwortung für Kinder diese Verantwortung aufgibt. Nein: Man gibt die
Verantwortung für Kinder deswegen auf, weil das gut für einen selbst
ist.
Dabei geht es um diese zwei Grundpositionen:
Entweder!
Man fühlt sich (sehr wohl) für Kinder verantwortlich.
Oder!
Man fühlt sich (nur noch) für sich selbst verantwortlich.
Ich kann meine Einstellung - in Kindern selbstverantwortliche Wesen zu sehen - nicht rückgängig machen und will dies nicht. Ich kann und will nicht mehr jemand sein, der sich für andere verantwortlich fühlt. Weil dies jeder Mensch selbst ist. (Mich für einen anderen verantwortlich zu fühlen würde für mich bedeuten, ihn psychisch zu überfallen, in bester Absicht.) Kinder haben wie alle Menschen eine eigene, souveräne innere Welt. Dies erkenne ich. Und dieser meiner Erkenntnis und Wahrheit, dieser meiner Wirklichkeit begegne ich mit Achtung. Dies bin ich mir schuldig.
Es ist die Angelegenheit der Kinder, wie sie auf meine Nicht-Verantwortung reagieren. Die Kompetenz und Verantwortung auf meine Einstellung zu reagieren liegen nicht bei mir, sondern bei den Kindern. Nicht, dass mich das nicht interessiert und kalt lässt. Nur: Die Zuständigkeiten werden nicht verwischt. Hier die Entscheidung zur Nicht-Verantwortung - dort die Reaktion darauf.
"Wie verhalten sich nun die Kinder, wenn man aufhört, sich für sie verantwortlich zu fühlen?"
"Meine Erfahrung ist, dass es nach einiger Zeit des Aufmerkens und der Nagelprobe einenen erleicherten Umschwung gibt."
"Was sagen sie?"
"Sie sprechen mit dem Herzen: Endlich verstehtst Du! Endlich hörst Du auf, mich nach Deinem Bild zu formen!"
"Was bedeutet das konkret?"
"Es gibt einen unbeschwerteren Alltag mit Kindern."
"Und?"
"Die Kinder bieten immer das Abenteuer gleichwertiger Beziehungen an. Wir Erwachsenen sind es, die sich darauf einlassen können. Wir können das Angebot der Kinder, ihnen auf gleicher Augenhöhe zu begegnen, verstehen und annehmen. Wir Erwachsene können mit dem Kind in uns kollaborieren..."