Montag, 27. Februar 2023

Mein neues Buch - Kurzvorstellung

 


 

Mein neues Buch "Kinder sind wunderbar! Unterstützen statt erziehen" erscheint in vier Wochen. Vorn gibt es üblicherweise eine kurze Information über das Buch. Das habe ich auch so gemacht:

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Buch

Eltern lieben ihre Kinder – und erziehen sie?

Im Land jenseits der Erziehung müssen Kinder nicht erst zu richtigen Menschen gemacht (erzogen) werden. Sie tragen von Geburt an die Würdekrone des vollwertigen, ja selbstverantwortlichen Menschen auf dem Kopf und in der Seele – nicht erst mit achtzehn Jahren.

Und wenn diese wunderbaren Kronenwesen dann mit acht Monaten in die Steckdose fassen wollen? Mit drei Jahren keine Dreckstiefel ausziehen? Mit fünf den x-ten Schokohasen von der Oma essen? Mit zwölf die Zigarette nicht ausmachen? Mit siebzehn von der Party nicht nach Hause kommen?

Allen Alltagsproblemen lässt sich mit einer Beziehung ohne pädagogische Übergriffigkeit (»Sieh das ein!«) begegnen. Ein Nein ist und bleibt ein Nein – nur dass die Würde von Kindern und Eltern dabei nicht auf der Strecke bleiben muss.

In großer Breite und Tiefe wird das postpädagogische Projekt »Unterstützen statt erziehen« vorgestellt. Es gilt nicht nur in Bezug auf Kinder – auch Eltern brauchen nicht bessere Mütter und Väter zu werden. Sie sind wie ihre Kinder wunderbar, können sich lieben, so wie sie sind, und müssen gar nichts!

Der erste Teil des Buches enthält die Grundlagen und ist leicht verständlich, mit humorvoller Fantasie und bunten Sprachbildern geschrieben. Der zweite Teil besteht aus vielen anschaulichen Beispielen und eigenen Erlebnissen des Autors. 


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"Kinder sind wunderbar! Unterstützen statt erziehen"

In vier Wochen zu beziehen im Buchhandel oder beim Amication - Förderkreis e.V.

Taschenbuch, 296 Seiten, ISBN 978-3-88739-034-1, 16.- EUR

E-Book, 296 Seiten, ISBN 978-3-88739-035-8, 3,99 EUR

 

 


 

Montag, 20. Februar 2023

Sommer-Seminar 2023

 


Am Ende meiner Vorträge sage ich: „Zum Weiterkommen können Sie auch an einem Seminar von mir teilnehmen. Es dauert eine oder zwei Wochen und findet im Sommer statt. Dort kommen junge Familien hin, auch Familien mit älteren Kindern, auch Jugendliche, Studenten, Singles und Senioren, eine bunt gemischte Truppe.“ 

Und dann erzähle ich vom Sommer-Seminar: 

Alle treffen sich, um in dieser Thematik – »Kinder sind wunderbar! Unterstützen statt erziehen« – dazuzulernen und sich auszutauschen. Es gibt drei kleine Programmeinheiten pro Tag, sonst ist viel Zeit für Gespräche und auch zum Ferienmachen und Ausruhen.

Vormittags gibt es eine zweistündige Theoriesitzung. Wir diskutieren über die Zusammenhänge und Hintergründe. Über alles und jedes, was Sie an der Thematik interessiert, Theorie und Praxis.

Nachmittags unternehmen wir etwas mit den Kindern. Das, was sich die Kinder wünschen: Spiele am Haus, Schnitzeljagd, Seebesuch, vieles mehr. Wir erleben dann etwas Praxis unter dem neuen Gesichtspunkt.

Nachts gibt es Gruppendynamik. Wir sitzen im Kreis, die Kinder sind im Bett. Bei dieser Gruppendynamik kommt es darauf an, einmal zwei Stunden lang bewusst ganz und gar für sich selbst verantwortlich zu sein. Einmal darauf zu achten, dass jeder für sich selbst verantwortlich ist, für alles und jedes. Bei den Abenden geht es um Kleinigkeiten, die von jedem einzelnen entschieden bzw. mitentschieden werden.

Will ich auf einem Stuhl oder auf dem Teppich sitzen? Soll das Licht an oder aus sein? Soll das Fenster offen oder zu sein? Will ich mitreden oder nur zuhören? Will ich diese Frage überhaupt beantworten? Möchte ich mich unterhalten oder lieber körperliche Aktivität? Passt mir eigentlich das, was besprochen wird? Wenn nicht, was kann ich machen? Zig Möglichkeiten: Neues Thema vorschlagen, dazwischenrufen, zu singen anfangen, Gaga plappern, Kissen werfen …

Wir sind zwei Stunden in diesem Raum miteinander unterwegs, jeder in seiner Verantwortung für sich. Die Übung heißt denn auch »Selbst-Verantwortungs-Training«. Und mal ist es lustig, mal schmerzhaft, mal spannend, mal langweilig, mal oberflächlich, mal tiefgründig. Jeder hat es mit in der Hand, welche Richtung der Abend gerade einschlagen wird.

Und jeder ist sein eigener Trainer, es gibt keinen Schiedsrichter, Moderator oder Leiter. Ich habe die Übung auch »Tiefsinn und Schabernack« genannt – es ist ein weites Feld. Der Sinn ist, dass man durch unmittelbares Erleben weiter in den Gehalt dieser Philosophie vordringt, die in der Selbstverantwortung des Menschen gründet.


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Das diesjährige Sommer-Seminar findet vom Freitag, dem 21. Juli bis zum Sonntag, dem 30. Juli in der Nähe vom Bodensee statt. Alles Nähere bitte auf unserer Website amication.de unter Termine/Seminare nachsehen.


Montag, 13. Februar 2023

Vierzigtausend Neinsteine



Wie oft sind wir Leidzufüger? Wie oft rollen wir Steine in den Weg unserer Kinder, und sie können nicht tun, was sie wollen? Sind es 5 oder 10 Neins am Tag? Wenn die Kinder klein sind, sind es mehr, wenn sie größer werden, weniger, wenn sie ganz groß sind, kaum einer. Sagen wir im Schnitt aller Jahre: 5 Neinsteine pro Tag. Das sind bei 18 Lebensjahren etwa 33.000 Steine.

Zu den Steinen der Eltern kommen noch die Neins der Omas, Opas, Onkel, Tanten, Erzieher, Lehrer, sonst wer dazu – überschlagen rund 40.000 Neinsteine. Vierzigtausendmal »Nein« wartet auf jedes Kind. Habe ich vorgesetzt bekommen, haben Sie vorgesetzt bekommen.

Ja, wenn unsere Eltern einen guten Tag hatten, waren es vielleicht nur 39.429. Aber im Prinzip vierzigtausend. Ich weiß nun nicht, wie sich dieser riesengroße Steinehaufen verringern lässt. Ich weiß aber etwas zu der Botschaft, die von diesen Steinen ausgeht, von ihrer psychischen Dimension, ihrem Geruch, ihrer Farbe.

Auf der psychischen Ebene sind das entweder 40.000 Steine mit der Botschaft: »Sieh ein, ich habe recht!« Was für uns Kinder heißt: »Ich soll es einsehen. So wie ich das will, ist es nicht richtig. Ich bin nicht richtig.« 

Wir lernen Selbstzweifel und Schuldgefühl. Unsere Selbstliebe und Selbstkraft werden angeknabbert, zersetzt. Und wir werden zu den Erwachsen, die wir heute sind, mehr oder weniger voller Selbstzweifel und Schuldgefühl. Mit viel weniger Selbstliebe als es sein könnte. 

Oder die Botschaft all der Steine ist dies nicht. Keine Attacke auf die Selbstliebe. Nur Attacken auf unser Tun. Wir können zwar nicht tun, was wir wollen, Steine im Weg eben. Wie ein umgefallener Baum, wenn wir mit dem Dreirad daherkommen und umdrehen müssen. 

Ärgerlich genug – aber die Botschaft ist dann nicht »Sieh ein, ich habe recht!« mit den verheerenden Folgen. Sondern »Hier stehe ich, ich kann nicht anders!« Keine kindbezogene Botschaft, sondern eine elternbezogene Botschaft, kein seelischer Angriff, kein psychischer Übergriff. 

Dann werden wir nicht darin verstrickt, dass wir etwas einsehen sollen, was wir nicht einsehen wollen. Wir können unseren Glauben an uns behalten, auch wenn wir nicht tun können, was wir wollen. Selbstliebe und Selbstkraft werden nicht zersetzt. Kein Selbstzweifel, kein Schuldgefühl. Wir werden anders groß.

Montag, 6. Februar 2023

Sich gelten lassen




Auf meinen Vorträgen erzähle ich:

 

Unser Bild von uns selbst hat viele Facetten. Auch diese ist dabei: Bin ich okay? Kann ich an mich glauben? Kann ich mich lieben, so wie ich bin? Oder kann ich das alles nicht? Die Selbstliebe ist eine Lebenskraft wie der Lebenswille. Wie sind wir unterwegs?  

Nun, Sie wissen, dass Sie Fehler machen können. Dass Sie einsehen müssen, was falsch ist. Dass Sie sich verbessern müssen. Um weiterzukommen, muss man zunächst seine Fehler erkennen. Dann sie korrigieren.  

Man kommt nicht fertig auf die Welt, man muss besser werden, ein besserer Mensch werden. Wenn man das nicht schafft, gibt es Schuldgefühle. Und man holt sich Hilfe. Beratung, Seminare, Therapie, alles Mögliche. Aber das geht auch anders.  

»Fehler«: im Alltag schwingt bei diesem Wort etwas Herabsetzendes mit. Im Unterschied zur Mathematik, einer abstrakten Ideenwelt, da gehören richtig und falsch und Fehler zum Regelwerk. Oder bei eindeutigen Verabredungen wie bei einem Hausbau: senkrecht Stein auf Stein, nicht schräg.  

Aber im Alltagsleben ist das Wort »Fehler« ungut befrachtet. Wie »Unkraut«. »Fehler« setzt etwas herab. Nämlich das, was gerade eben noch richtig und gültig war. Die Vergangenheit steht schlecht da, und sie sagt: »Eben war ich gültig, wieso machst Du mich schlecht?«  

Das habe ich verstanden. Alles hat gleichen Wert, Vergangenes wie Gegenwärtiges wie Künftiges. Also schaue ich nicht herabsetzend auf meine Vergangenheit und sage nicht »Fehler« zu ihr, wenn etwas schiefläuft.

Ich erkenne sehr wohl, dass ich etwas jetzt, heute, im Nachhinein anders machen kann als eben. Ich kann mich verändern. Und ich ändere mich ja auch. Aber immer auf einem 100-Prozent-Niveau. Mal gehe ich links herum zum Bahnhof, mal rechts herum. Und wenn etwas daneben geht, mache ich es ja nicht noch mal.  

Aber ich schimpfe nicht mit dem Eben, ich schimpfe nicht mit mir. Ich habe eben aus meinen Gründen heraus so gehandelt – jetzt handle ich anders. Da ist nichts Marke »Fehler« dabei.  

Mit anderen Worten, konsequent und radikal: Ich und auch sonst niemand kann überhaupt einen Fehler machen – weil es so etwas wie einen »Fehler« in den alltäglichen Angelegenheiten nicht gibt. Außer in der Mathematik und Co. Ich kann somit keinen Fehler machen. Ich muss nicht einsehen, dass etwas falsch war.  

Ich muss nichts ändern, aber ich kann. Ich muss nicht »an mir arbeiten«, aber ich kann. Ich muss keine Beratungsstelle aufsuchen und keine Therapie machen, aber ich kann.  

Es ist die Frage, was Sie von sich halten. Armer Sünder oder Ebenbild Gottes? Sie haben die Wahl. Sie entscheiden über Ihr Bild von sich. Ich will Ihnen ja keinen Stress machen. Aber es liegt wirklich an Ihnen. Es ist nicht verboten, an sich zu glauben und sich zu lieben.

Sie können natürlich versuchen, all das Unangenehme und Widerspenstige an Ihnen zu verringern und abzuschleifen. An sich arbeiten, sich erziehen. Durchaus auch mit Hilfe, mit Seminaren, Büchern, Therapien. Damit Sie ein besserer Mensch werden.  

Sie können es aber auch gut sein lassen. Sich gelten lassen mit all den Widrigkeiten und dunklen Seiten, mit all den gruseligen Hörnern, die in Ihrer Seele wachsen und auf dem Kopf zu sehen sind. Wir alle haben so ein Hörnergestrüpp auf dem Kopf. Und gelegentlich kann man dann mal sehen, wie sich dieses Gestrüpp etwas zurechtstutzen lässt.  

Aber niemand muss sich das zum Desaster machen. Sie können sich auch lieben, so wie Sie sind, auch mit diesen ganzen Hörnern. Und wenn Sie dann mit hundert Jahren gestorben sind, dann brauchen Sie eben einen Sarg mit einer Kuppel für all die Hörner. So ist es, und davon geht die Welt nicht unter.