"Sie sagen, man kann
keine Fehler machen. Was meinen Sie damit?" Frage auf dem
Vortrag. Ich erkläre, aber ich weiß auch, dass meine Erklärung zum
"Keine Fehler machen" nicht jeden erreicht. "Man macht
aber doch Fehler. Und man kommt nur weiter, wenn man seine Fehler
erkennt und daran arbeitet."
Klar mache ich oft etwas
anders als eben. Weil das Eben nicht so war, wie ich es gern gehabt
hätte. Ich schlage mir nicht zum zweiten Mal mit dem Hammer auf den
Finger, ich parke diesmal vorsichtiger ein, ich ziehe mich wärmer
an. Der falsche Schlag, das falsche Parken, die falsche Kleidung:
wieviel Fehler steckt da drin? Und passt "falsch"
eigentlich?
Ich bin da schon hellhörig. Um das Wort "Fehler"
herum gibt es eine Ausstrahlung, eine verborgene Botschaft, eine
Hintergrundmusik, die ich nicht mag. Herabsetzung, Besserwisserei,
Demütigung, Schlechtsein. Die ungute Bösewelt taucht auf, wenn von
einem Fehler die Rede ist. Und da jeder Mensch für mich sinnvoll und
Ebenbild Gottes ist, passt das nicht zusammen.
Beim Rechnen
kann ich den "Fehler" leichter akzeptieren. 3 plus 3 gleich
7 ist falsch. Ein Fehler? Ein Rechenfehler ja, aber ein Fehler? Wer
drei und drei addiert zu sieben, der fällt aus dem Sinn, dem
universellen kosmischen Sinn ja nicht heraus. Er ist unkonzentriert
in Sachen Algebra, will den Lehrer ärgern, seinen Protest gegen die
Mathematik, die die Atombombe hervorgebracht hat, demonstrieren oder
sonst was. Er kommt nicht zur mathematisch! richtigen Lösung. Aber
seine Lösung "Sieben"" ist nicht in einem höheren
Sinn ein Fehler. "Sieben" ist Ausdruck seines Insgesamts,
seines Sinns, seiner Liebe und Schönheit. "Fehler" passt
nicht, "Rechenfehler" schon.
Bin ich da überdreht?
Ist so etwas alltagstauglich? Tja, ich verhandle beim "Fehler"
eben etwas Grundsätzliches. Das Fundament der Amication ist gebaut
ohne den Fehler. Ohne die ungute Welt, die den Fehler umgibt.
Ungute
Welten gibt es bei vielen Wörtern, die wir dann vermeiden. Sie
drücken Zusammenhänge aus, die nicht mehr passen und ersetzt
werden. So eine politische Korrektheit lässt sich auch übertreiben,
aber oft ist es eben stimmig. Statt "Neger" gilt
"Schwarze". Und oft fehlt auch ein neues Wort. "Unkraut"
für die Distel und die Brennessel? Sie sind die Heimat von
Schmetterlingen und habe ihren Platz im
Ökosystem. Ein neues Wort
für "Unkraut" fehlt. Wie beim "Fehler". Distel
und Brennessel existieren, aber die Unkrautwolke hüllt sie nicht
mehr ein. Mein Tun und seine Folgen (Toter Hund, Blechschaden,
Erkältung) gibt es, aber ohne Fehlerwolke.
Ich kann also
keine Fehler machen, selbst wenn ich es wollte. Weil ich die
kosmische Konstruktivität, die mich existieren lässt, nicht
verlassen kann. Ich bin aus Konstruktivität entstanden und gewoben,
jenseits aller Fehlerei.
"Sie können es jederzeit anders
machen als eben", sage ich. "Aber Sie müssen über das
Eben nicht schlecht denken. Das Eben war ja grad eine gültige
Gegenwart. Warum wollen Sie ihre Vergangenheit schlecht dastehen
lassen und ihr – also sich – Vorhaltungen machen? Kann man tun,
muss man aber nicht tun. Man muss nichts an sich fehlerhaft finden,
auch nicht das, was grad schiefgegangen ist."
Danach
kommt dann gleich das Gespräch über das Leid, dass durch Fehler
entsteht. Fußgänger angefahren, Kind angebrüllt, Partner
verlassen. Ja, durch unser Tun entsteht immer wieder auch Leid, und
das ist ein großes anderes Thema. Fehler aber? Passt auch bei der
Leidthematik nicht. Ich tue immer Sinnvolles, Fehlerloses, und dabei
kann es durchaus immer wieder zu Leid kommen. Fehlerlos sein öffnet
nicht das Tor zu leidfrei sein und führt auch nicht in die
Lieblosigkeit. Ohne Fehler zu leben schließt kein Tor sondern lässt
ein Tor offen. Das Tor, hinter dem ich in Harmonie mit der Welt und
mir lebe.