Montag, 30. Januar 2017

Die positiven Wirkungen


Ich werde oft gefragt, welche positiven Wirkungen eine
amicative Lebensweise hat. Und ich tu mich schwer damit,
von diesen positiven Wirkungen zu erzählen. Es kommt mir
irgendwie angeberisch vor. Nur, was soll ich machen? In den
amicativen Familien läuft es halt rund, harmonisch rund. Klar
gibt es auch Turbulenzen, aber das hält sich alles im Rahmen.
Die Basis ist von besonderer Qualität, Amication ist da schon
ein felsig Grund.

Wer sich neu mit der Amication beschäftigt, kann sich leicht
überfordert fühlen, wenn er so viel Positives hört. "Das ist
doch gar nicht zu schaffen" - doch, sage ich dann, schon,
wenn man diesen Weg eingeschlagen hat und am Ball bleibt.
Und auch nicht hinter "dem Positiven" herrennt. Das ergibt
sich dann schon, kein Stress!

In einem meiner Bücher habe ich einmal zusammengefasst,
was da so geht. Ich erzähl einfach mal.

*

Amicative Kinder sind selbstverantwortlich von Geburt an,
werden so von ihren Eltern gesehen und hierin nicht gestört.
Die Entscheidungen, die sie treffen, bringen sie nicht in
Gefahr, und Unfälle sind selten. Sie sind nicht in Versu-
chung, ihre Fähigkeiten zu überschätzen. Wenn sie sich für
eine Beurteilung überfordert fühlen, delegieren sie an ihre
Erwachsenen die Befugnis, für sie zu entscheiden. Sie schät-
zen die Erfahrung, Kompetenz und Körperkraft ihrer Eltern
und machen ungezwungen davon Gebrauch.

Amicative Kinder schlagen nicht über die Stränge. Sie sind nicht
ungezogen, sondern sie wachsen erziehungsfrei auf, das heißt,
sie sind nicht in Abwehrhaltung gegen pädagogische Über-
fälle "trotzig" und "unartig", sondern frei von solchen Über-
fällen in ungehindertem Kontakt zu ihrer Sozialität. Es kommt
einfach nicht vor, daß sie sich mit Messer, Gabel, Schere,
Licht verletzen, Wasser durch die Wohnung schütten, Le-
bensmittel für Spiele missbrauchen, Blumen abreißen, Tiere
quälen, Wände beschmieren, Spielzeug zerstören. Sie sind in
beiläufiger Selbstverständlichkeit achtsam.

Amicative Kinder haben wie andere Kinder auch immer
wieder miteinander Konflikte, aber dies gerät ihnen nicht zu
hässlichem Zank. Ihre Konflikte explodieren nicht in wilden
Körperattacken, Hass, Häme, Schuldzuweisungen und Ohn-
rnachtsgefühlen. Die Geschwister achten sich, der Ton ihrer
Beziehungen ist auch im Konflikt einfach überwältigend.

Amicative Kinder kennen nicht Rücksichtnahme im Sinne
einer Pflicht, um deren Erfüllung man sich immer wieder
bemühen sollte. Sie sind im Austausch mit den Wünschen
und Gefühlen der anderen, und es liegt ihnen daran, dass
diese auch zufrieden sind. Ihre soziale Weisheit ist faszinie-
rend und jenseits jeglicher Pflicht hierzu.

Amicative Kinder sind klar in ihrem "Nein". Ihr "Nein" ist
nie gegen andere gerichtet, sondern Ausdruck dafür, dass sie
einen anderen Weg gehen wollen. Ihr "Nein" ist deswegen
leicht zu respektieren, die gesamte Problematik "Aufsässig-
kei" und "Uneinsichtigkeit" taucht überhaupt nicht auf. Wenn
Eltern ihr "Nein" nicht gelten lassen können (aus ihren
subjektiven Gründen heraus) und sich darüber hinwegset-
zen, beschwört das keine Katastrophe herauf, und das gilt
auch umgekehrt. Kinder und Eltern reagieren - vielleicht
nach einem Versuch, doch noch zum Zuge zu kommen -
schlicht mit Akzeptanz, und manchmal sind sie darüber auch
betrübt, selten verärgert.

Amicative Kinder essen so viel, wie ihnen gut tut, und sie essen
das, was ihnen schmeckt. Sie essen Vollkornbrot oder Weiß-
brot, Salat oder Pudding, Nudeln mit Ketchup oder ohne. Sie
nehmen bittere Medizin und naschen süße Gummibärchen.
Wir sind in dieser Frage sehr entspannt miteinander.

Amicative Kinder werden weder zur Reinlichkeit gedrängt
noch dürfen sie die Wohnung beschmutzen. Es gibt Windeln
zum Waschen oder zum Wegwerfen. Und wenn die Kinder
das wollen, den Topf, später den Aufsatz auf der Toilette.
Eines Tages ist es dann von allein soweit, dass sie ohne unsere
Hilfe zurechtkommen.

Amicative Kinder bekommen genug Schlaf, wann immer sie
ins Bett gehen. Wenn ihre Eltern sagen, es sei Zeit, ins Bett
zu gehen, dann gehen sie. Allerdings werden sie damit nicht
zur Unzeit gestört. Die Eltern begleiten die Kinder in den
Schlaf, so wie sie es gern haben. Die Kinder bleiben nicht bis
Mitternacht auf, sondern sie haben ganz normale Schlafens-
zeiten wie andere Kinder auch. Der Unterschied liegt darin,
dass es hierüber kein Theater gibt.

Amicative Kinder sind beliebte Spielkameraden. Sie sind am
"Unsinn" anderer Kinder nicht uninteressiert, aber sie trei-
ben solche Dinge nicht voran, und sie weigern sich, offen-
sichtlich gefährliche und andere schädigende Aktionen mit-
zumachen. Sie petzen nicht, aber wenn sie wirklich schwere
Bedenken haben, vertrauen sie sich ihren Eltern an. Sie
halten sich von aggressiven Kindern fern und setzen sich
gegen solche Kinder energisch zur Wehr, wenn sie von ihnen
belästigt werden.

Amicative Kinder sind gern gesehene Gäste in anderen Fa-
milien, und in der Schule werden sie als wertvolle Stützen der
Klassengemeinschaft geschätzt. Sie erhalten im Hinblick auf
ihr Sozialverhalten auffallend positive Beurteilungen, und
ihre schulischen Leistungen sind wie bei anderen Kindern
mal besser und mal schlechter.

Amicative Kinder reiten, fahren Schlittschuh, hören Disco-
musik, essen Pommes und Schokolade und Biokost, lesen
Comics und "5 Freunde", hören CD und sehen "Das
Dschungelbuch", sie malen, basteln, backen - sie leben ein
ganz normales Kinderleben, nur eben von einer Qualität, die
wirklich beglückend ist.







Sonntag, 29. Januar 2017

Weil er es kann


Abends bei Freunden. Es ist lustig. Dann wird es anders. Ganz anders. Karin weint auf einmal. „Ich kann das nicht mehr.“ Was ist los? „Diese Besuche von Klaus bei Iris.“ Es wird angespannt. Klaus: „Das ist doch nicht gegen Dich.“ Aber: „Ich kann das nicht.“ Und: „Ich werde gehen.“

„Ich kann das nicht.“ Das kommt vor. Immer wieder. Und es ist ein sehr komplexes Gebilde. Wenn man etwas nicht kann – was soll man denn tun: es geht eben nicht. Aus und fertig. Wirklich? Wenn es so einfach wäre. Aber es ist ja oft auch einfach, und nichts hilft. Und man verläßt das Schiff. Wir sind in eigener Verantwortung und Souveränität unterwegs. Wer hätte schon wirklich das Recht, mein „Ich kann das nicht“ zu bezweifeln? Wir sind aber auch immer wieder dabei, nach dem „Es geht doch“ zu suchen. Das ist ein grobes oder feines Hin und Her von Angst und Mut, Verzagtheit und Zuversicht, Schmerz und Freude, Abbruch und Fortsetzung, Ende und Anfang.

Wenn die Kinder uns ein „Ich kann das nicht“ entgegenhalten – es fordert geradezu heraus „aber sicher kannst Du das“ zu antworten. Nach einem Weg zu suchen, den verstellten Weg doch gehen zu können. Und in mir? „Los, ich schaff das doch.“ Sicher – ich kann aufgeben, gehen, dem Nicht-Können oder Nicht-mehr-Können folgen. Ich kann aber auch den nächsten Anlauf nehmen. Ich bin mein eigener Chef und habe wie immer die Wahl. Und in Dir? „Los, Du schaffst das doch.“ Immer wieder ein neuer Anlauf von mir, Dir Dein „Aus“ zu einem „Geht doch“ zu machen. Bei den Kindern ist es ein automatischer Reflex. Und bei den Erwach-senen? Viel schwieriger. Was spüre ich bei Deinem „Ich kann das nicht“? Wirklich das Ende der Möglichkeiten? Oder eben doch kein Ende?

Was bedeutet das „Ich kann das nicht“ bei Karin und Klaus? Ein weites Feld. Wie brisant wird das alles? „Ich kann das auch nicht!“ sagt Klaus. „Ich gebe Iris nicht auf.“ Ende der Beziehung? Die Kinder verläßt man nicht, wenn sie etwas nicht können – den Partner schon. „Ich kann das nicht - mehr mitmachen.“ Was Du tust. Was mir nicht passt, so sehr nicht passt, dass ich „nicht mehr kann“. Dass ich lieber gehe als das weiter ertragen zu müssen. Solche am Weg liegende Ausstiegsfenster gibt es zuhauf. Und die Partnerschaften zerbrechen ja auch immer wieder an diesem Ding. Karins „Ich kann das nicht“ folgt Klaus „Ich kann das auch nicht“.

Was soll ich dabei, in dieser schwierigen Situation? Es muss nicht das letzte Wort sein. Wie wohl es das sein kann. „Du kannst ihr auch geben, was sie braucht“, sage ich. Ich sage es langsam, von innen heraus. Ein seltsamer Satz ihn dieser Situation? Aber er wirkt. Wenn die Liebe da ist, dann sehe ich ja, was Du brauchst. Ich kann Dir auch geben, was Du brauchst. Dann entfernt sich Dein und mein „Ich kann das nicht“ von uns. Es ist nur die Frage, ob ich Dir das geben will, geben kann. Kann ich das? Ich sehe Klaus an: „Kannst Du das?“

Wie stark willst Du sein in Deiner Beziehung zum anderen? Kannst Du ihm geben, was er braucht?

Das „Ich kann das nicht (mehr mitmachen, was Du da tust)“ des Partners  verlangt ja nach einer Einschränkung meines Tuns. Damit sich das Fenster wieder schließt und Du nicht gehst. Was kann ich aufgeben, mit gutem Gefühl? Aus meiner Liebe zu mir selbst? Aus meiner Liebe zu Dir? Wenn ich etwas nicht mehr lebe, weil Du „das nicht kannst“ - dann verändere ich mich, dann werde ich jemand anderer. Schlimm? Ich kann der sein, der ich sein will, ich entscheide. Wenn ich mit meiner Veränderung Dir Schmerz nehme – was spricht dagegen? Dass ich mich unterordne? Ja doch, wie immer, wenn es mir wichtig ist. Wenn ich bei Rot halte und bei Grün fahre: Da stehe ich schon dahinter. Und Deine Grenzen, Seltsamkeiten, „Kann-Nichte“? Sie haben doch viel mehr Gewicht. Und um so mehr stehe ich dahinter. Hinter dieser Unterordnung, die aus Kraft gewirkt ist. Ich ändere meine (innere) Welt. So, wie es nötig ist, damit Du Dich wieder geborgen und wohl und geliebt fühlst. Ich kann das machen.

Wenn es nicht geht, dann geht es eben nicht. Ich bleibe, wer ich bin, und Du „kannst nicht mehr“. Aus und Ende. Möglich ist das schon. Aber es muss nicht sein, es gibt keinen allmächtigen Automatismus, die Grenze des Partners als Gefahr und Beschneidungsmacht zu erleben. Wir können uns auch von dieser Reaktion lösen. Inne halten und neu, anders wahrnehmen, wo der Partner „nicht mehr kann“. Etwas explodieren lassen. Merken, wie es ja auch geht, sein kann, sein soll. In starkem ruhigen Fließen gewollt sein will. Nicht muss. Kann. Und es eben bei uns selbst so einrichten, dass der Partner wieder kann. Meine Veränderung als Heilung und Frieden in unsere Beziehung bringen.

Wir schweigen lange. Dann sagt Klaus: „Ich kann das.“ „Was kannst Du“? Karin versteht nicht. „Ich werde Iris nicht mehr treffen.“ „Sicher?“ „Ja. Sicher.“ Und Klaus sagt zu mir: „Es ist ein Abschied, aber ich will ihn. Ich hab die Kraft.“ Ich merke, dass Klaus diesen Weg ohne Groll geht. Seine Selbstliebe fließt in die Liebe zu Karin. Er spürt wieder, was sie braucht. Und er gibt es ihr. Weil er es kann.








Dienstag, 24. Januar 2017

Der Hase, der gern Ketchup aß


Der Wind wehte durch das Maisfeld, er drehte sich um und wanderte die
Reihen zurück. "Warum gibt es hier keine Hasen?" dachte er. Als er zum
Wald zurückschwebte, sah er den Hasen Grogu. Grogu lag in der Sonne und
schlief. Der Wind hielt ihm einen frischen Maiskolben unter die Nase, und
Grogu träumte vom Gemüse. Der Wind lauschte in Grogus Traum, und er
holte ihm rasch Ketchup. Grogu war nämlich der einzige Hase der Welt, der
gern Ketchup aß. Seine Ohren waren schon ziemlich rot, denn irgendwo
musste der Ketchup ja hin. "Immer soll ich nur in Grogus Bauch", murrte der
Ketchup. Und eines Tages hatte er beschlossen, in die Ohren zu wandern.
Grogus Freunde hatten sehr gelacht, als sie seine rötlichen Ohren sahen, aber
Grogu war das egal, Hauptsache, er hatte Ketchup. Der Wind wehte um die
Nase des Hasen, und Grogu nießte. Er wachte auf, gähnte und sagte zum
Wind: "Danke, für den Mais und den Ketchup." Grogu lief zum Bach, um zu
trinken, und der Wind rauschte wieder zum Feld.

"Ich versteh nicht, wieso der Wind in die Träume sehen kann", sagte die
Rinde der Pappel. "Das ist doch ganz einfach", die graue Pfütze war aufge-
regt, "du mußt dich nur auf Grogus Nasenspitze konzentrieren. Dann wirst
du mit seinem Atem in seine Träume getragen." Die Rinde glaubte es nicht,
aber sie wollte es versuchen. Beim nächsten Tier, das kam. Sie wettete mit
der Pfütze, dass es nicht klappen würde. Kurz darauf kam ein Marienkäfer
und schlief an einem Grashalm ein. Die Rinde und die Pfütze konzentrierten
sich um die Wette, und sie versanken unter der Erde.

Die Höhle, in die sie gefallen waren, hatte grünlíches Licht. "Hier kommen
wir nie im Leben wieder raus", fiüsterte die Rinde. Die Pfiütze schlängelte den
Weg lang, und sie entdeckte blauen Rauch. "Komm, wir müssen durch den
Rauch", rief sie der Rinde zu. Sie liefen so schnell sie konnten durch den
Rauch. Dahinter stand ein blauer großer Fernsehapparat. "Stell an, ich kom-
me nicht dran", sagte die Pfütze zur Rinde. Sie sahen auf den Fernseher. Es
waren wirre, bunte Zeichen zu sehen, und es roch sehr stark nach Zimt. "Das
sind Hasenträume", rief ihnen der Wind zu, "Käferträume sind auf dem an-
deren Programm." Die Rinde schaltete um. Tatsächlich! Das waren Träume
von Käfern. "Um achtzehn Uhr dreißig beginnt unser Marienkäfertraumpro-
gramm", sagte die Ansagerin.

"Ich kriege Babys!", rief die Pfütze, und sie teilte sich in 53 kleine Pfützen.
"Und was ietzt?" fragte die Rinde. Sie erhielt keine Antwort, denn die kleinen
Pfützen hatten genug mit sich selbst zu tun. Die Rinde nahm ein Pfützenba-
by mit, um es dem Hasen zu trinken zu geben. Der Wind half ihr, und drau-
ßen im Gras fand sie Grogu. "Danke", sagte der Hase, und er trank die kleine
Pfütze. Sie schmeckte etwas blau, und etwas nach Zimt. Die Rinde sprang
wieder an ihren Platz am Baum, und der Wind wehte über das Maisfeld. Der
Marienkäfer wachte auf, und er schaltete den Fernseher ein. "Ich wußte gar
nicht, dass es so viele Pfützen gibt", staunte er und sah aufmerksam zu.
Und er verriet Grogu, wo er eine Flasche Ketchup versteckt hatte. 


Mittwoch, 18. Januar 2017

Die gelbe Schlange


Als meine großen Kinder klein waren, habe ich für sie Gute-Nacht-Geschichten geschrieben. Gestern war ich zum Babysitten bei meinem Enkel, auch morgen werde ich mit dem Kleinen, der grad eins geworden ist, wieder eine Glückszeit zusammen sein. Und dann wird eines Tages der Abend kommen, an dem ich aus meinem Geschichtenbuch vorlese...

 *

Die gelbe Schlange

Es war schon dunkel, als die gelbe Schlange aus dem alten Autoreifen den
Kopf nach oben reckte. "Es riecht gut", sagte sie. Sie schob sich ein bisschen.
weiter nach draußen und sah den Stein. "Was zum Teufel ist denn das?"
knurrte sie und verließt ihr Versteck. Dieser Stein funkelte so merkwürdig
dunkelblau. Als sie ihn berührte, durchzuckte sie ein heftiger Stromstoß. Sie
fühlte sich emporgehoben - und sie merkte, dass sie fliegen konnte. Sie sah
die großen Bäume des Parks unter sich, den Bach und die große Wiese. Sie
merkte, dass sie mit dem Schwanz steuern konnte, und sie versuchte, in einer
großen Schleife zurückzufliegen. Sie streckte ihre Schwanzspitze nach unten
- und sie kam langsam tatsächlich immer tiefer. Dann konnte sie so gut steu-
ern, dass sie genau dort landete, wo sie losgeflogen war: Vor dem dunkelblau-
en Zauberstein.

Sie hütete sich, den Stein noch einmal zu berühren - wer weiß, was dann
passieren würde. Erst einmal musste sie verschnaufen. Sie ringelte sich ein
und starrte den Stein misstrauisch an. Aber sie fühlte auch, dass eine seltsame
Kraft von ihm ausging, ein angenehmes Strahlen, wie die Wärme der Sonne
am Mittag. Sie konnte sich nicht entschließen, wegzuschlängeln oder den
Stein zu berühren. "Was ist los?" hörte sie eine Stimme hinter sich. "Du bist
nicht auf der Jagd? Es ist doch schon dunkel." Murz, der grüne Nachfalter,
kam vorsichtig näher. "Pass auf!" schrie die Schlange. Aber da war es schon
passiert.

Murz hatte sich auf den Stein gesetzt - und war augenblicklich ein greller
Feuerblitz geworden. Es gab einen fürchterlichen Knall - und als die
Schlange es wagte, wieder die Augen zu öffnen, da war aus dem Stein eine
riesige grüne Hand geworden. Die Hand hatte die Finger nach oben gereckt.
Aber plötzlich bewegten sie sich! Sie zeigten auf die Schlange und sandten
grüne kleine Blitze aus. Die Schlange fuhr zurück. Aber es war zu spät. Die
unheimliche Hand hatte sie erfaßt und hob sie empor - und wieder begann
die Schlange zu fliegen. Aber sie merkte, dass sie jetzt viel mehr denken
konnte als eben. Sie verstand auf einmal, was die Hand und der Stein bedeu-
teten. Und sie wußte auch, was mit Murz geschehen war. "Ach, so ist das",
sagte sie leise, und sie merkte, dass sie bereits eine kleine hellblaue Wolke ge-
worden war. Sie fühlte sich eins mit dem Wind - und sie war jetzt ein Teil
von ihm.

Als sie am nächsten Morgen über die gelben Sandbänke vor dem Meer flog,
erkannte sie Murz, der zusammen mit dem lila Eichhörnchen im Sand spielte.
Sie flog näher und kräuselte das Fell des kleinen Nagers. "Wir wissen, dass du
es bist", sagte das Eichhörnchen, "auch wenn wir dich nicht sehen können".
Die Schlange dachte nach. "Habt ihr eine Ahnung, wie wir wieder zum Park
kommen können?" fragte sie. "Du musst warten, bis die schwarzrote Möwe
dich einatmet. Wenn sie dann lacht, kommst du zurück", sagte Murz. Er legte
sich auf einen Sandhaufen und schloß die Augen. "Komm, warten wir auf die
Möwe." Und sie lauschten auf die Brandung.




Montag, 16. Januar 2017

Magie der Zuversicht


Heut Nachmittag bin ich im Schnee gejoggt. Pastellfarben am Himmel, klarer Kaltwind, Bussard und Gänse rufen. Harmonie. Läßt sich hier draußen immer finden, findet mich. Ich komme entspannt nach Hause, denk an den Blog. Ich suche in meiner Schatzkiste. Harmonie? Halte Ausschau nach einer ganz anderen und doch verwandten Thematik. Dann finde ich eine Tiefensituation aus einer Gruppensitzung. Leid, Ausweglosigkeit, Erinnerung. Und dann doch wieder eine Lichtreise. Ist länger her, doch ich erzähl jetzt mal. 

*

„Ich will da nicht wieder reinrutschen, in diese destruktive Aggressivität.“ Rosa erzählt in der Gruppe von Problemen in ihrer neuen Partnerschaft, und dass sie es diesmal anders machen will. Destruktive Anmache, geht mir durch den Kopf: Schimpfen. Unzählige Male als Kind selbst erlebt, damals. Als Grundmuster bei Konflikten. So was wird übernommen, hat überlebt, vergiftet weiter, auch die Partnerschaften.

Während Rosa weiter erzählt, höre ich in mich. Weit zurück. Es war einfach unfassbar, unvorstellbar, unwortbar. Wenn meine Großen schimpften, mit Wucht ihren Ärger über mich gossen, eben in destruktiver Aggressivität. Dann sah ich vor mich hin, den Kopf gesenkt, versteinert, gebannt. Keine Bewegung. Es gab auch nichts zu sagen. Nur hinzunehmen, umtost von Widerwärtigkeit. Es tat nicht einmal weh, es war nur schrecklich.

Wie reagiert wohl Rosas Partner? Wie reagiert man im abgeglittenen Streitfall? Wie hätte ich als Kind reagieren können? Ich betrete das Streitzimmer, den Raum, wo einer jetzt nicht mehr zu bremsen ist. Ich betrete also das Streitzimmer und wende mich dem versteinerten Kind zu. Ich bin ein Dritter im Raum. „Nimm es Deiner Mutter nicht übel. Sie kann gerade nicht anders. Du wirst geliebt. Von mir. Vom Leben. Nachher auch wieder von Deiner Mutter. Lass den Glauben bei Dir, den Glauben an Dich selbst.“ Ich sehe das Kind an, lege meinen Arm um seine Schultern - und es gewinnt die Kraft zurück, aufzuschauen, mich anzusehen. Sich zu bewegen. Die Verhexung abzustreifen. Sich selbst wieder willkommen zu sein. Die Würde. Die Größe. Die Liebe.

„Du musst es ihr nicht übel nehmen. Du kannst auch für sie, wenn sie so ist, Platz in Deinem Haus haben.“ Können wir das? Gab es diese konstruktiven Botschaften damals? Diese guten Botschafter? Im Streitzimmer liegt das ganze Arsenal der „angemessenen“ Antworten parat. Es schillert nur so von Destruktivitätsenergie. Ich will das nicht und halte dagegen:

„Du kannst sie willkommen heißen, wenn sie so über Dich herfällt. Das ist nicht verboten. Sie willkommen heißen, den Überfall nicht.“ „Kann man das trennen?“ „Ist auch nicht verboten.“
Liebe ist immer mutig und auch listig. Nichts zwingt uns wirklich zum Hass.

Rosas neuer Partner könnte sagen: „Wenn sie so drauf ist - in mir ist unendlicher Platz für sie, auch für sowas. Ich liebe sie doch. Das geht schon wieder. Und das wird schon wieder. Und was sie aufregt, besprechen wir dann.“ Ich kehre voller Magie der Zuversicht in die Gruppe zurück. Ich werde Rosa und den anderen von dieser Reise erzählen.

Freitag, 13. Januar 2017

Mein Tag


Ich bin eilig, will aber einen neuen Post reinstellen. Mir fällt der Uhu ein, den ich vor Weihnachten mit meinem Sohn und meinen Enkeln (3 und 5) im Wald erlebt habe. Überraschend war das. Wild und schön in der Abenddämmerung. Dann die Sterne, und der Mond. Wir sind im Dunkeln noch bis zur Quelle gewandert. Magisch. Da lebt eine tiefe Verbundenheit zu all den Mächten. Und zu drei Menschen, die mit mir hier sind. Mir fällt eine andere Quelle ein, das war vor fünf Jahren. Ich krame in meiner Schatzkiste, ja, hier ist es:
 
*

Herbstferien. Ich bin mit meinen Kindern Kilian (11) und Corbinian (9) im Harz unterwegs. Wir besuchen eine Quelle, eine heilige Quelle der Kelten und Germanen. Ich fahre immer mal wieder hierher zum nächtlichen Meditieren. Jetzt sind wir am Tag hier, Sonne, Wald, Bucheckern. Und die Quelle.

Wie ich die Kinder da so vor mir sehe, an diesem geheimnisvollen Ort. Sie sind in ihrem Spiel, unbefangen. Die Macht der Geschichte und die Tiefe der spirituellen Präsenz tun ihnen nichts. In mir verbindet sich etwas: das Leben der Kinder und die Botschaft des Ortes.

Wer aus mir trinkt, der wird ein Reh.“ Quellen erzählen viel. Was höre ich jetzt? „Schau zu Dir und den Kindern – es ist Dein Tag“. Ich höre, bin erstaunt und verstehe dann. Wie oft ist ein Tag mein Tag? Das Gefühl, nach fremden Regeln durch den Tag zu gehen. Nicht das Eigentliche tun, sondern irgendwie immer und immer wieder Fremdes. Dinge tun, die ich zwar nicht wirklich tun muss, die ich aber tue. Wegen der Selbstverständlichkeiten und der Vorteile und der Nachteile.

Ist dies hier mein Tag, meine Zeit? Bin ich jetzt bei mir? Ja doch – wie ich die Kinder hier im Sonnenwald sehe, wie ich sie mitgebracht habe zu diesem wichtigen Platz, wie wir der Quelle zuhören und aus ihr trinken. Das alles ist meins, Urgestein, so will ich sein. Es wird mir bewusst und es dringt in mein Herz. Ich fühle mich beschenkt. Ich bin bei mir: so soll es sein.

Es ist nur eben oft anders. Wie viele meiner Tage waren meine Tage? Wie war das in der Kindheit? Sind die Schulvormittage von den beiden Kinder vor mir ihre Tage? Jetzt sind Ferien, heute ist die Selbstverständlichkeit ihres Tages machtvoll. Aber es kann eben auch anders, ganz anders sein. Dann macht es sich breit, dass wir nicht mehr uns gehören. Schule ist nur ein Beispiel.

Jeder ist immer sein eigener Chef, das ist schon wahr. Aber dieses Gefühl aus dem Grund des Selbsts ist oft sehr dünn. Und auch diesen Verlust zu bemerken entgleitet leicht. Es fühlt sich dann alles einfach nicht so gut an, und der Tag wird fremd. Immerhin: Meine Wahrnehmungen kann ich oft annehmen, das hilft und die Selbstliebe kehrt zurück. Hier an der Quelle aber geht es mir gut, mein Taggefühl ist schlüssig. Ich gebe mich frei und freue mich.

Und ich schlage den Bogen zu den vielen Menschen, die seit Tausenden von Jahren hierher gekommen sind. Wie war das wohl mit „ihrem Tag“? Hier, an der Quelle? Lebten sie wie ich jetzt bei sich, in Harmonie mit sich? Ich konzentriere mich: was will ich denn wissen? Es relativiert sich alles, wenn ich an so viele Menschen denke. Da richte ich mich wieder auf uns drei im Hier und Jetzt: Wir haben eine gute Zeit. Dies ist mein Tag.

Dienstag, 10. Januar 2017

Überzeugt - doch ohne Anspruch



Im letzten Post ging es um die postmoderne Wahrheit. Die Überlegungen von John Holt und Zygmunt Bauman sind auch für die Amication gültig. In einem meiner Bücher habe ich dies einmal auf den Punkt gebracht. Wie ich die Passage von damals grad lese, geht mir durch den Kopf: "Aber man muss doch sanft alle ansprechen, niemanden vor den Kopf stoßen, möglichst viele mitnehmen.". Ja, das wär schon schön, und mach ich ja auch. Aber Klarheit und Wahrheit liegt mir sehr, und auch dann, wenn das für heutige Verhältnisse "hart" und "schroff" und "abgrenzlerisch" klingen mag - es muß immer mal wieder raus! Amication ist eben etwas ganz! anderes als die pädagogische Sicht, das soll ja nicht vergessen und irgendwie mit einer "Alle- haben-sich-lieb-Soße" in wolkiger Unschärfe verrührt werden. Und wenn es in einem älteren Text wie diesem mal so klar gesagt wird, finde ich das auch gut so. Nun der Text:

*

So sehr die Amication von ihrer Position auch überzeugt ist - es gilt die Subjektivität der Erkenntnis. Das amicative Prinzip, dass niemand besser als ein jeder selbst spürt, was für ihn das Beste ist, gilt auch gegenüber Andersdenkenden. Die amicative Deutung und Bewertung der Welt ist ohne Objektivitätsanspruch. Und obwohl die Dinge des Lebens radikal anders gesehen werden als in der Tradition, steht Amication nicht über anderen Sichtweisen der Welt, sie ist ihnen gleichwertig und enthält - bei aller Gegensätzlichkeit im Deuten und Bewerten, Fühlen und Handeln - keine Mißachtung. Doch bei aller Gleichwertigkeit: die traditionelle Welt wird entsprechend dem eigenen amicativen Selbstverständnis zurückgelassen, ein neuer Weg beginnt.

Sonntag, 8. Januar 2017

Die postmoderne Wahrheit


In meiner Schatzkiste habe ich einen Text entdeckt, den ich vor 20 Jahren publiziert habe. Es geht um Grundpositionen der Postmoderne. So etwas war ja umgeben von der Aura des Staunens und einer neugeborenen Gewißheit, die aber doch so vertraut und schon lange in mir zu Hause war. Ich finde die Aussagen von John Holt und Zygmunt Bauman, die ich damals vorgestellt habe, heute immer noch klar und erhellend. Also rein damit in meinen Blog!
PS: Ein aktuelles supergutes Interview mit Zygmunt Bauman zur Migrationskrise war im September im Spiegel (36/2016).

*

Kommunikation, existentielle Begegnung: Hieraus entstehen Wahrheiten. Wahrheiten, die anders sind als so  genannte sachliche Wahrheiten. Widersprüchlichkeit, Mehrdeutigkeit, Subjektivität leuchten als Wahrheiten auf – Wahrheiten, die ohne den Wahrheitsanspruch der Moderne sind, nämlich objektiv, absolut, eindeutig, wirklich wahr zu sein. Ich stelle Euch zwei postmoderne Textstellen hierzu vor. John Holt ist Euch als Kinderrechtler aus den USA bekannt. Zygmunt Baumann ist ein renommierter Autor zu postmodernen Themen, er ist Professor im Ruhestand für Soziologie an der Universität Leeds in Großbritannien.

*
John Holt in »Zum Teufel mit der Kindheit«, 1978 (USA 1974) S.16:
Wie viele andere Menschen auch pflegte ich zu glauben, dass der Mensch durch Argumente, durch Diskussionen – durch das, was manche einen »Dialog« nennen – zur Wahrheit gelangen würde. Dabei handelte es sich um eine Art Kampfgericht (trial by combat): jeder setzte sein Argument sozusagen auf ein Pferd und ließ es in vollem Galopp auf das Argument des anderen los. Wer den anderen vom Pferd stoßen konnte, der hatte gewonnen, und er andere musste zugeben: »Du hast gewonnen, also hast du recht.« Doch mit der Zeit und mit zunehmender Erfahrung wurde mir klar, dass Menschen nicht dadurch verändert oder besiegt werden, dass man sie dazu bringt, ihre Ideen als dumm, unlogisch oder zusammenhanglos zu erkennen. Heute habe ich eine Vision – von der Welt, wie sie ist und wie sie sein könnte – die ich jedem mitteile, der sie sich anschauen will. Ich vermag diese Vision nicht in sein Gehirn einzupflanzen; jeder macht sich sein eigenes Modell von der Wirklichkeit. Doch das Licht, das ich auf Erfahrung werfe, hilft vielleicht einigen von ihnen, die Dinge etwas anders zu betrachten und sich selber eine neue Vision aufzubauen.

*
Zygmunt Bauman in »Moderne und Ambivalenz. Das Ende der Eindeutigkeit«, 1995 (England 1991) S.127 f.:
* (Anmerkung: inhärent – innewohnend, anhaftend; polysem – mehrere Bedeutungen habend; monosem – nur eine Bedeutung habend)
Worauf sich die inhärent polyseme* und kontroverse Idee der Postmoderne am häufigsten bezieht (sei es auch nur stillschweigend), ist zuerst und vor allem ein Akzeptieren der unauslöschlichen Pluralität der Welt; eine Pluralität, die nicht eine Zwischenstation auf dem Weg zur noch nicht erreichten Vollkommenheit ist (Unvollkommenheiten gibt es viele und verschiedene; Vollkommenheit ist per definitionem immer nur eine), eine Station, die früher oder später zurückzubleiben hat – sondern eine konstitutive Qualität der Existenz. Ebenso bedeutet Postmoderne eine entschlossene Emanzipation von dem charakteristisch modernen Drang, die Ambivalenz zu überwinden und monoseme* Klarheit der Selbigkeit zu fördern. Ja, die Postmoderne dreht die Zeichen der Werte, die für die Moderne zentral sind, um, wie Gleichförmigkeit und Universalismus. Und sobald erst einmal wahrgenommen worden ist, dass die Vielfalt der Lebensformen unreduzierbar ist und es unwahrscheinlich ist, dass sie konvergieren, werden sie nicht nur widerstrebend akzeptiert, sondern in den Rang eines höchsten positiven Wertes erhoben, der weder in eine Lebensform aufzulösen ist, welche auf Universalität zielt, noch durch eine Form degradiert wird, die nach universaler Herrschaft strebt.
Wo die Absicht zu herrschen fehlt, beleidigt das Vorhandensein wechselseitig einander ausschließender Maßstäbe weder den Wunsch nach logischer Kongruenz noch löst es eine Heilungsaktion aus. Im Idealfall ist in der pluralen und pluralistischen Welt der Postmoderne jede Lebensform prinzipiell erlaubt oder, besser gesagt, es sind keinerlei allgemeine Prinzipien evident (oder unbestritten evident), die irgendeine Lebensform unzulässig machen würden. Sobald die Differenz aufhört, Druck auszuüben, und nicht als ein Problem konstruiert wird, das nach Handeln und Lösung ruft, wird die friedliche Koexistenz von verschiedenen Lebensformen in einem anderen Sinne als dem eines zeitweiligen Gleichgewichts feindlicher Mächte möglich. Das Prinzip der Koexistenz könnte (einfach nur: könnte) das Prinzip der Universalisierung ersetzen, während das Toleranzgebot an die Stelle der Konversion und der Subordination treten könnte (nur könnte). Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit war der Schlachtruf der Moderne. Freiheit, Verschiedenheit, Toleranz ist die Waffenstillstandsformel der Postmoderne. Und wenn Toleranz in Solidarität umgewandelt wird, kann sich Waffenstillstand sogar in Frieden verwandeln.


Freitag, 6. Januar 2017

"Da bist Du ja!"


Wir spielen Verstecken. Die 5 Kinder sind zwischen 7 und 16, eins ist 35, und ich. Es ist spät, Mitternacht vorbei, gestern war Silvester. Wir sind bei einem Freund zu Besuch, in einem großen alten Haus mit Keller und Geheimgang. Alle Lichter sind aus, ich bin dran mit Suchen. Ich suche im Dunkeln, die Taschenlampe will ich nicht. Es soll richtig spannend sein. Für mich und die Kinder. Also taste ich mich im Dunkeln durch die Räume, vorsichtig.

Die lang zurückliegenden Erwartungs-Schreck-Gefühle machen sich in mir breit: wenn es passiert, wenn ich jemanden anfasse, wenn ich mich erschrecke, wenn ich mich stoße, wenn ich stolpere. Als ich dann tatsächlich im finstersten Keller an jemanden stoße - echt jetzt, das Gefühl! Dann muß ich ihn auch noch im Dunkeln erkennen, nur fühlen, sehen und reden ist nicht. Geschafft: "Du bist es!" Und dann geht es weiter auf die Jagd. In der Flurgaderobe taste ich herum, da ist nichts, will aufgeben - buaaa!!! vor Schreck fahre ich hoch. Die Versteckte fühlt sich entdeckt und ruft drauflos. O Mann! Worauf hab ich mich eingelassen? Herrliche Gefühle, Grusel-Schreck-Lust. Wir lachen lauthals.

Dann find ich niemanden mehr, dann mach ich die Taschenlampe doch an und finde immer noch niemanden. Schöne Pleite. Aber auch wieder so gut: "Du hast mich nicht gemerkt, ich lag genau da, wo Du das Kissen weggezogen hast. War das spannend!" "Und ich war in der Kiste, Du hast am Deckel rumgemacht, aber nicht reingesehen. Ich bin fast gestorben!" "Stimmt, für die Kiste warst Du doch viel zu groß." "War ich aber nicht." Wir lachen.

Als ich mich dann selbst verstecke. Und unter der Bettdecke sofort entdeckt werde. Wie blöd, kein gutes Versteck. Als ich bei nächsten mal im Stockdunkeln hinter einer Tür regunglos aushalte. Als dann niemand kommt. Als ich dann Piep mache wie das Mäuschen. Als sie dann näher und näher kommt. Und ich die Luft anhalte. Als sie vorbei geht. Ha, nichts gemerkt! "Da bist Du ja!" Heiliger Schreck! Sie hat mich! "Ich seh Dich durch den Türspalt." Als das dann alles so passiert - da wird mir das ganze Szenario gegenwärtig, so, wie es damals war. Und ich merke, dass die Kinder genau dort unterwegs sind. Ich bekomme es mit, ich bin dafür bereit, es schwingt in mir. Ich sag dazu nichts, hör mir ihre Geschichten und Abenteuer an, bin Gast in ihrem Land, bin mit ihnen, bei ihnen, fliege über die Jahre weg in ihr Spiel, fühl mich willkommen, bin da, angekommen und glücklich.

Mittwoch, 4. Januar 2017

sein lassen


wenn wir uns
als die personen
sein lassen können
die wir sein mögen
dann verschwinden
tausend und tausend
unterschiede