Abends bei Freunden. Es ist lustig. Dann wird es anders. Ganz anders. Karin weint auf einmal. „Ich kann das nicht mehr.“ Was ist los? „Diese Besuche von Klaus bei Iris.“ Es wird angespannt. Klaus: „Das ist doch nicht gegen Dich.“ Aber: „Ich kann das nicht.“ Und: „Ich werde gehen.“
„Ich kann das nicht.“ Das kommt
vor. Immer wieder. Und es ist ein sehr komplexes Gebilde. Wenn man
etwas nicht kann – was soll man denn tun: es geht eben nicht. Aus
und fertig. Wirklich? Wenn es so einfach wäre. Aber es ist ja oft
auch einfach, und nichts hilft. Und man verläßt das Schiff. Wir
sind in eigener Verantwortung und Souveränität unterwegs. Wer hätte
schon wirklich das Recht, mein „Ich kann das nicht“ zu
bezweifeln? Wir sind aber auch immer wieder dabei, nach dem „Es
geht doch“ zu suchen. Das ist ein grobes oder feines Hin und Her
von Angst und Mut, Verzagtheit und Zuversicht, Schmerz und Freude,
Abbruch und Fortsetzung, Ende und Anfang.
Wenn die Kinder uns ein „Ich kann das
nicht“ entgegenhalten – es fordert geradezu heraus „aber
sicher kannst Du das“ zu antworten. Nach einem Weg zu suchen, den
verstellten Weg doch gehen zu können. Und in mir? „Los, ich schaff
das doch.“ Sicher – ich kann aufgeben, gehen, dem Nicht-Können
oder Nicht-mehr-Können folgen. Ich kann aber auch den nächsten
Anlauf nehmen. Ich bin mein eigener Chef und habe wie immer die Wahl.
Und in Dir? „Los, Du schaffst das doch.“ Immer wieder ein neuer
Anlauf von mir, Dir Dein „Aus“ zu einem „Geht doch“ zu
machen. Bei den Kindern ist es ein automatischer Reflex. Und bei den
Erwach-senen? Viel schwieriger. Was spüre ich bei Deinem „Ich kann
das nicht“? Wirklich das Ende der Möglichkeiten? Oder eben doch
kein Ende?
Was bedeutet das „Ich kann das nicht“
bei Karin und Klaus? Ein weites Feld. Wie brisant wird das alles?
„Ich kann das auch nicht!“ sagt Klaus. „Ich gebe Iris nicht
auf.“ Ende der Beziehung? Die Kinder verläßt man nicht, wenn sie
etwas nicht können – den Partner schon. „Ich kann das nicht -
mehr mitmachen.“ Was Du tust. Was mir nicht passt, so sehr nicht
passt, dass ich „nicht mehr kann“. Dass ich lieber gehe als das
weiter ertragen zu müssen. Solche am Weg liegende Ausstiegsfenster
gibt es zuhauf. Und die Partnerschaften zerbrechen ja auch immer
wieder an diesem Ding. Karins „Ich kann das nicht“ folgt Klaus
„Ich kann das auch nicht“.
Was soll ich dabei, in dieser
schwierigen Situation? Es muss nicht das letzte Wort sein. Wie wohl
es das sein kann. „Du kannst ihr auch geben, was sie
braucht“, sage ich. Ich sage es langsam, von innen heraus. Ein
seltsamer Satz ihn dieser Situation? Aber er wirkt. Wenn die Liebe da
ist, dann sehe ich ja, was Du brauchst. Ich kann Dir auch geben,
was Du brauchst. Dann entfernt sich Dein und mein „Ich kann das
nicht“ von uns. Es ist nur die Frage, ob ich Dir das geben will,
geben kann. Kann ich das? Ich sehe Klaus an: „Kannst Du das?“
Wie stark willst Du sein in Deiner
Beziehung zum anderen? Kannst Du ihm geben, was er braucht?
Das „Ich kann das nicht (mehr mitmachen,
was Du da tust)“ des Partners verlangt ja nach einer Einschränkung meines Tuns.
Damit sich das Fenster wieder schließt und Du nicht gehst. Was kann
ich aufgeben, mit gutem Gefühl? Aus meiner Liebe zu mir selbst? Aus
meiner Liebe zu Dir? Wenn ich etwas nicht mehr lebe, weil Du „das
nicht kannst“ - dann verändere ich mich, dann werde ich jemand
anderer. Schlimm? Ich kann der sein, der ich sein will, ich
entscheide. Wenn ich mit meiner Veränderung Dir Schmerz nehme –
was spricht dagegen? Dass ich mich unterordne? Ja doch, wie immer,
wenn es mir wichtig ist. Wenn ich bei Rot halte und bei Grün fahre:
Da stehe ich schon dahinter. Und Deine Grenzen, Seltsamkeiten,
„Kann-Nichte“? Sie haben doch viel mehr Gewicht. Und um so mehr
stehe ich dahinter. Hinter dieser Unterordnung, die aus Kraft gewirkt
ist. Ich ändere meine (innere) Welt. So, wie es nötig
ist, damit Du Dich wieder geborgen und wohl und geliebt fühlst. Ich
kann das machen.
Wenn es nicht geht, dann geht es eben
nicht. Ich bleibe, wer ich bin, und Du „kannst nicht mehr“. Aus
und Ende. Möglich ist das schon. Aber es muss nicht sein, es gibt
keinen allmächtigen Automatismus, die Grenze des Partners als Gefahr
und Beschneidungsmacht zu erleben. Wir können uns auch von dieser Reaktion lösen. Inne halten und neu, anders wahrnehmen, wo der Partner „nicht mehr kann“. Etwas explodieren lassen. Merken, wie es ja auch geht, sein kann, sein soll. In
starkem ruhigen Fließen gewollt sein will. Nicht muss. Kann.
Und es eben
bei uns selbst so einrichten, dass der Partner wieder kann. Meine Veränderung
als Heilung und Frieden in unsere Beziehung bringen.
Wir schweigen lange. Dann sagt Klaus:
„Ich kann das.“ „Was kannst Du“? Karin versteht nicht.
„Ich werde Iris nicht mehr treffen.“ „Sicher?“ „Ja.
Sicher.“ Und Klaus sagt zu mir: „Es ist ein Abschied, aber ich
will ihn. Ich hab die Kraft.“ Ich merke, dass Klaus diesen Weg ohne
Groll geht. Seine Selbstliebe fließt in die Liebe zu Karin. Er spürt
wieder, was sie braucht. Und er gibt es ihr. Weil er es kann.