Ich bin
eilig, will aber einen neuen Post reinstellen. Mir fällt der Uhu ein,
den ich vor Weihnachten mit meinem Sohn und meinen Enkeln (3 und 5) im
Wald erlebt habe. Überraschend war das. Wild und schön in der
Abenddämmerung. Dann die Sterne, und der Mond. Wir sind im Dunkeln noch
bis zur Quelle gewandert. Magisch. Da lebt eine tiefe Verbundenheit zu
all den Mächten. Und zu drei Menschen, die mit mir hier sind. Mir fällt
eine andere Quelle ein, das war vor fünf Jahren. Ich krame in meiner
Schatzkiste, ja, hier ist es:
*
Herbstferien.
Ich bin mit meinen Kindern Kilian (11) und Corbinian (9) im Harz
unterwegs. Wir besuchen eine Quelle, eine heilige Quelle der Kelten
und Germanen. Ich fahre immer mal wieder hierher zum nächtlichen
Meditieren. Jetzt sind wir am Tag hier, Sonne, Wald, Bucheckern. Und
die Quelle.
Wie ich die
Kinder da so vor mir sehe, an diesem geheimnisvollen Ort. Sie sind in
ihrem Spiel, unbefangen. Die Macht der Geschichte und die Tiefe der
spirituellen Präsenz tun ihnen nichts. In mir verbindet sich etwas:
das Leben der Kinder und die Botschaft des Ortes.
„Wer aus mir
trinkt, der wird ein Reh.“ Quellen erzählen viel. Was höre ich
jetzt? „Schau zu Dir und den Kindern – es ist Dein Tag“. Ich
höre, bin erstaunt und verstehe dann. Wie oft ist ein Tag mein Tag?
Das Gefühl, nach fremden Regeln durch den Tag zu gehen. Nicht das
Eigentliche tun, sondern irgendwie immer und immer wieder Fremdes.
Dinge tun, die ich zwar nicht wirklich tun muss, die ich aber tue.
Wegen der Selbstverständlichkeiten und der Vorteile und der
Nachteile.
Ist dies hier
mein Tag, meine Zeit? Bin ich jetzt bei mir? Ja doch – wie ich die
Kinder hier im Sonnenwald sehe, wie ich sie mitgebracht habe zu
diesem wichtigen Platz, wie wir der Quelle zuhören und aus ihr
trinken. Das alles ist meins, Urgestein, so will ich sein. Es wird
mir bewusst und es dringt in mein Herz. Ich fühle mich beschenkt.
Ich bin bei mir: so soll es sein.
Es ist nur eben
oft anders. Wie viele meiner Tage waren meine Tage? Wie war das in
der Kindheit? Sind die Schulvormittage von den beiden Kinder vor mir
ihre Tage? Jetzt sind Ferien, heute ist die Selbstverständlichkeit
ihres Tages machtvoll. Aber es kann eben auch anders, ganz
anders sein. Dann macht es sich breit, dass wir nicht mehr uns
gehören. Schule ist nur ein Beispiel.
Jeder ist immer
sein eigener Chef, das ist schon wahr. Aber dieses Gefühl aus dem
Grund des Selbsts ist oft sehr dünn. Und auch diesen Verlust zu
bemerken entgleitet leicht. Es fühlt sich dann alles einfach nicht
so gut an, und der Tag wird fremd. Immerhin: Meine Wahrnehmungen kann
ich oft annehmen, das hilft und die Selbstliebe kehrt zurück. Hier
an der Quelle aber geht es mir gut, mein Taggefühl ist schlüssig.
Ich gebe mich frei und freue mich.
Und ich schlage
den Bogen zu den vielen Menschen, die seit Tausenden von Jahren
hierher gekommen sind. Wie war das wohl mit „ihrem Tag“? Hier, an
der Quelle? Lebten sie wie ich jetzt bei sich, in Harmonie mit sich?
Ich konzentriere mich: was will ich denn wissen? Es relativiert sich
alles, wenn ich an so viele Menschen denke. Da richte ich mich wieder
auf uns drei im Hier und Jetzt: Wir haben eine gute Zeit. Dies ist
mein Tag.