Samstag, 3. Juni 2017

Terrorismus-Terroristen



















Diesen Text zum Terrorismus habe ich anlässlich des Anschlags von
9/11 geschrieben. Ich hole ihn mal hervor, er ist nach wie vor aktuell.

*

Die Gleichwertigkeit der Amication gilt uneingeschränkt, auch für
jeden Terroristen. Ein Terrorist ist wie jeder andere ein Mensch mit
Würde und ein Ebenbild Gottes. Seine Gedankenwelt ist ebenso
wertvoll oder wertlos wie die anderer Menschen. Er ist wie jeder
andere nicht an objektiven Maßstäben zu messen, da es diese in
der Amication nicht gibt. Er steht vor mir als Person, und von Ich
zu Ich sagen wir uns, was es zu sagen gibt.

Aus amicativer Sicht gibt es gegenüber dem Terroristen als Person
Respekt und Achtung. Die Bewertung seiner Position und seiner
Handlung bleibt dann einem jeden überlassen, und wer ihm zustimmt,
stimmt ihm zu, wer ihn ablehnt, lehnt ihn ab, wer ihn bekämpft, be-
kämpft ihn. Das muss jeder selbst entscheiden, Amication macht hier
keine Vorgabe und nimmt niemanden in die Pflicht. Jeder kann der
Terrorist sein, der er sein will - so wie jeder der Friedensmensch
sein kann, der er sein will.

Aber kollidiert Amication nicht mit der Wertewelt derer, die andere
missachten? Zu den Grundlagen von Amication gehört die Achtung
vor dem Anderen, seinem Selbstbild. Also auch die Achtung vor
jemandem, der andere missachtet. Wenn jemand ein Missachter, ein
Hasser, ein Terrorist, ein Killer sein will - was ist daran mit objektiver
Elle zu messen? Nichts. Aus der Vielfalt der Möglichkeiten, aus der
großen Welt der Identitäten wählt ein jeder aus, und keine Wahl ist
besser oder schlechter als eine andere.

Wenn es in der Amication also eine grundlegende Achtung vor jedem
Menschen, auch jedem Terroristen gibt - dann ist dies eine sehr andere
Position als diejenige, die dem Terroristen das Böse-Etikett aufklebt.
Die den Terroristen terrorisiert.

Diese Basisposition der Amication ist für die Lebenswirklichkeit aber
nur der Beginn allen Geschehens. Sie ist eine psychische Größe, die
in der Realität des Handelns, Kommunizierens, Miteinanders unab-
dingbar, auf jeden Fall, ohne Ausnahme, immer und stets ergänzt
wird um die persönliche Position und Bewertung, um das Resümee
der persönlichen Ethik und Moral. "Bei allem Respekt vor Dir - das
aber ist meine Meinung dazu." Die Große Vielfalt entlässt nicht in die
unendliche, im Nebel entschwindende Beliebigkeit, sondern lädt ein
und zwingt letztlich zur persönlichen Wahl und Verantwortung. Zum 
persönlichen Weg in all dieser gleichwertigen Unendlichkeit. "Welchen
Weg will ich gehen, wenn alle Wege möglich sind, in Verantwortung
vor mir?"

Die Welt der Terroristen enthält die Unterdrückung der Freiheit des
Anderen. So wie dies in vielen Gesellschaftsformen der Fall ist: in
den Monarchien, Diktaturen, Theokratien dieser Welt. Der Westen
hat dies durch die Aufklärung und die demokratische Idee schon ein
gutes Stück überwunden. Hier bin ich zu Hause, und dieser Wert der
Freiheit ist auch mein Wert. Die Terroristen wählen aus der Großen
Vielfalt den Wert der Unterdrückung des Anderen und die Missach-
tung seiner Würde - ich wähle aus der Großen Vielfalt den Wert der
Freiheit des Anderen und die Achtung seiner Würde. Wir unterschei-
den uns. Und selbstverständlich verteidige ich meine Werte gegen
jeden, der sie angreift und auslöschen will. Mit welchem Mittel, das
will dann gut überlegt sein.

Ich selbst bin nicht von Terroristen angegriffen worden. Wohl aber
von denen, die diese Menschen missachten und zu Nichtmenschen
stempeln. Diese Terrorismus-Terroristen habe ich um mich, in jeder
Zeitung, jedem Kommentar, jedem Gespräch, in jeder Frage zum
Thema. Dieser ethische Terrorismus schickt keine Flugzeuge in
Türme, sondern Flugzeuge in mein Herz. Und diesem Terrorismus
halte ich stand.

Nach dem Schreck und dem Schock der Attacke "Die Terroristen sind
keine Menschen" hole ich Luft und komme zur Besinnung. Ich besinne
mich auf meine Werte: Selbstverständlich sind die Terroristen des 11.
September Menschen mit Würde und ihnen kommt Respekt und Acht-
ung zu. Wie auch denen des 12. September, den Terrorismus-Terroristen.
Und ebenso selbstverständlich ist für mich, dass es völlig unakzeptabel
ist, Menschen mit Flugzeugen, Autos oder mit sonstwas umzubringen.
Genauso unakzeptabel, wie diesen Mördern die Menschenwürde ab-
zusprechen.