Donnerstag, 7. Dezember 2017

Dankbar Sein





















In letzter Zeit geht mir immer wieder durch den Sinn: "Dankbar
sein". Besser: "Dankbar Sein", mit großem S. Es ist keine Er-
mahnung oder Aufforderung, was ich da gefasst habe, es ist
ein Zustand. Ich schwinge in Dankbar Sein.

Ich habe gemerkt, erst wenig, wie ein Flüstern, dann mehr und
stärker, dass es so viel in meinem Leben gibt, für das ich dankbar
bin. Im Schauen zurück, in die vielen Jahre. Da gibt es unendlich
viele Kleindankbarkeitigkeiten. Und auch viele wuchtige Groß-
dankbarkeitigkeiten. Und da ich nun dabei bin, in diesem Dank-
barkeitsmodus grad unterwegs bin, merke ich diese Dankigkeiten
Tag für Tag. Verblüffend viele!

Heute: Ich bin zu Besuch bei meiner Mutter, sie ist jetzt 96. Wir
fahren nachmittags los, um einen Adventskranz zu ergattern.
Einen schlichten, so wie sie ihn mag. Es ist aber schon der 6.
Dezember, und es ist fraglich, ob die Blumengeschäfte und
Gärtnereien noch einen haben. Dreimal klappt es nicht, es
gibt nur noch besonders Edle. Die will sie nicht. Hartnäckig
wie ich bin, versuchen wir es wieder: und siehe da, eine große
Gärtnerei außerhalb hat genau den, den sie sich wünscht. Tja,
da bin ich einfach kleindankbar.

Auf dem Weihnachtsmarkt im Dorf ist es knallvoll. Ich breche
ab und komme um neun, kurz vor Schluß wieder. Schon besser,
aber die Stände haben nichts, was ich suche, Kleinigkeiten zum
Verschenken zu Weihnachten. Na gut, dann eben nicht. Da bin
ich auch nicht dankbar, liegt nicht an. Zum Schluß gibt es aber
genau den Stand, der was für mich hat: Glasschmuck zum Auf-
hängen am Fenster. Ich komme mit dem Mann ins Gespräch,
der die Glassterne gemacht hat. "Für einen Stern brauche ich
eine knappe halbe Stunde." Er ist für mich ein Künstler, ich kann
bewundern, was er gezaubert hat. Als ich gehe, bin ich wieder im
Kleindankbarkeitsmodus. Doppelt: Ich habe doch noch ein schö-
nes Geschenk gefunden. Und das Leben hat mir einen Künstler
geschickt, wir waren einige Minuten gemeinsam unterwegs.

Ich zähl mal bis zehn, Dankbarkeiten heute: 1) Ich hatte ein
gutes, das heißt: persönliches Gespräch mit dem Meister mei-
ner Autowerkstatt. 2) Die Bremsklötze meines Autos, das ich
verkaufen will, müssen nicht erneuert werden. 3) Die Dahlien
haben sich butterweich im Garten rausmachen lassen: ruck-zuck
fertig. 4) Meine Mutter wollte ihren täglichen Spaziergang doch
noch machen, nach dem Einkaufen, im Dunkeln. 5) Sie hat über
die Leuchthalsbänder der Hunde gestaunt, wie ein Kind halt.
6) Es gab hier im Haushalt tatsächlich eine funktionierende
Luftpumpe für mein Radjoggen. 7) Die Zulassung meines neuen
Autos beim Bürgeramt klappte wie am Schnürchen. 8) Felix hat
mir doch noch die Adresse vom Theater gesimst, wo ich morgen
für ihn besondere Lampen abholen soll. 9) Ich habe heute morgen
meine Lieblingsschokolade im Nikolausschuh entdeckt.10) Das
Toastbrot eben beim Abendessen war echt lecker!

Zum Geburtstag hatte mir eine Freundin ein besonderes Buch
geschenkt: Ledereinband, leere Seiten. "Was immer Du damit
anfangen willst." "Ich werde reinschreiben, worüber ich mich
am Tag gefreut habe. Eine Dankbarkeit am Tag."