Freitag, 14. Juli 2017
Ja zu mir - Ja zu Dir
Blog - Sommerpause
Ich fahre mit den Kinder in die Sommerferien. Erst zu unserem
traditionellen Freundschaft mit Kindern - Sommercamp, dann
nach Frankreich ans Meer. Mit dem Blog will ich eine Sommer-
pause machen, ich komme nicht zu regelmäßigem Posten. Mal
sehen, vielleicht klappt es ja doch ab und zu. Ende August bin
ich dann wieder dabei und es gibt neue Posts
Ich habe überlegt, welchen Post ich jetzt als letzten vor der
Sommerpause einstelle. Der letzte Post wird ja erst einmal
aufgerufen, wenn in diesen Wochen jemand auf meinen Blog
schaut. Da soll es schon ein besonderer Post sein. Beim Kra-
men in meiner Schatzkiste bin ich dann bei der Partnerschaft
hängengeblieben. Das ist ein großes Thema und auch voller
Substanz.
Ich sage Tschüs, habt eine gute Sommerzeit! Euer Hubertus
Ja zu mir - Ja zu Dir
»Ich bin für Dich, Dein Glück und Dein Leid verantwortlich,
und Du bist es für mich.«
Eine Frau kommt nachts nicht nach Hause, sie war bei einem
anderen Mann. Ihr Partner ist verletzt und es geht ihm nicht
gut. Am nächsten Morgen ist klar, dass sie für seinen Schmerz
verantwortlich ist. Denn wenn sie nicht zu einem anderen
Mann gegangen wäre, würde es ihm nicht so schlecht gehen.
Sie weiß das. Er weiß das. Sie hat ein schlechtes Gefühl und
ein schlechtes Gewissen. Schuldgefühl. Schuldzuweisung. Die
Stunde danach ist hässlich.
Aber es geht auch anders.
In der Nachbarwohnung wohnt ein anderes Paar. Auch sie
kommt eines nachts nicht nach Hause, auch ihm geht es
schlecht. Kein Unterschied zum Paar nebenan. Doch am
nächsten Morgen ist der Unterschied groß: Denn sie ist in
keiner Weise für seinen Schmerz verantwortlich - dies ist er
selbst. Er ist selbstverantwortlich. Von Geburt an. Auch für
seine Reaktionen. Auch in dieser Situation. Auch für seinen
Schmerz. Sie weiß das. Er weiß das. Sie hat kein schlechtes
Gefühl und kein schlechtes Gewissen. Kein Schuldgefühl.
Keine Schuldzuweisung. Die Stunde danach ist nicht hässlich.
»Ich liebe Dich, doch ich bin nicht für Dich verantwortlich.
Ich nehme Dir nichts von Deiner Verantwortung für Dich
fort« - dies gilt auch in der Partnerschaft. »Ich wünsche mir
Deine Liebe, aber nicht, dass Du mir meine Verantwortung
für mich absprichst«. Eine andere Basis der Partnerschaft.
Diese Partnerschaft ist ohne Schuldgefühl und ohne Schuld-
zuweisung. »Mein Schmerz ist meine Wahrnehmung, meine
Reaktion auf Dich, und für alle meine Reaktionen trage ich
selbst die Verantwortung, nicht Du.« Damit ist der Schmerz
nicht aus der Welt geschafft, es werden aber die Zuständig-
keiten zurechtgerückt. Gleichwertigkeit wird an die Stelle
von oben (im Recht sein) und unten (im Unrecht sein) gesetzt.
In der Nacht lässt sie ihre Blumen blühen. Und er reagiert
darauf mit Schmerz. Er könnte auch anders reagieren: ge-
lassen, unaufgeregt. Aber er fällt in den Schmerz. Dies ist
verständlich, aber dafür ist nicht sie verantwortlich. Das
weiß er, und er macht sie nicht für seinen Schmerz verant-
wortlich. Und sie? Sie lässt so viel Liebe und Wärme zu
Hause zurück, wie sie kann. Warum sollte sie kalt und teil-
nahmslos sein? Sie kümmern sich umeinander, denn der
andere ist Teil des eigenen Ichs.
Was passiert am Morgen danach? Sie kommt, weil sie wirk-
lich will. Sie ist nicht verstrickt in Abwehr gegen Schuld-
vorwürfe, da er nicht mit Schuldzuweisungen reagiert. Sie
ist offen für ihn, sie trägt die Energie der Nacht zu ihm, sie
steht ihm in seinem Schmerz bei. Sie reagiert mit Empathie,
nimmt ihn vielleicht in den Arm und tröstet ihn. Sie liebt ihn
- aber das hindert sie nicht, ihre Wege zu gehen, auch wenn
dies für ihn Schmerz bedeuten sollte.
Und er? Er liebt sie, und bei allem Schmerz über ihr Weg-
bleiben erfüllt es ihn doch mit Freude, vielleicht mit Stolz,
dass er diesen geliebten Menschen nicht behindert, trotz all
seiner Angst und Not. Seine Liebe trägt sie, und ihre Liebe
trägt ihn.
Doch wenn der Schmerz zu groß wird, trennen sich die Wege.
Das kann er ihr sagen, ohne den lieblosen Druck, sie mit seinem
Schmerz zum Bleiben zu bewegen. Wohl aber mit dem Wunsch
und der Hoffnung, dass sie bleibt. Er weiß, respektiert und ach-
tet, dass sie entscheidet, wie ihr Leben weitergehen wird. So
wie er das auch für sich erkannt hat. Sie kann seine angekündigte
Reaktion mit dem Abenteuer der Nacht abwägen - ohne sich un-
zulässig unter Druck gesetzt oder herabgesetzt zu fühlen. Wenn
sie geht, geht auch er. Wenn sie bleibt, bleibt auch er. Fortgehen
oder bleiben - beide Partner entscheiden sich, ein jeder in seiner
Verantwortung für sich selbst.
Der Schmerz des einen hindert den anderen nicht automatisch,
den eigenen Weg zu gehen. Doch selbstverständlich kann man
auch auf den angestrebten Weg verzichten, auch in der Partner-
schaft. Die Frau kann auch bleiben. Sie fragt sich: »Was will
ich wirklich, angesichts aller Umstände?« Und sie bleibt oder
sie geht.
Sie muss nicht gehen, sie muss nicht bleiben: sie will gehen
oder sie will bleiben. Und sie will zurückkommen. Weil sie
wirklich will, nicht aus Verantwortung.
Liebe und Verantwortung jedoch führen immer wieder zu
Verzicht und Verrat der Träume und Wünsche, eben »aus
Verantwortung«. Und wenn man doch seinen Träumen folgt,
dann mit dem schlechten Gewissen, sein Wort nicht zu
halten und seiner Verantwortung für den Partner nicht ge-
recht zu werden. Es kommen Schuldgefühl und Schuldzu-
weisung, Entschuldigung und Vergebung. Es existiert eine
Beziehung mit gut und böse, richtig und falsch, oben und
unten, ohne gleiche Wertigkeit der Partner.
Doch niemals steht einer über dem anderen, tut der eine das
Richtige, der andere das Falsche, ist der eine gut, der andere
böse - auch nicht in der Partnerschaft, auch nicht bei Leid
und Schmerz. Von gleich zu gleich gehen sie aufeinander zu
und miteinander um, auch wenn die Wege sich trennen, auch
wenn des einen Glück des anderen Schmerz ist.
Diesen Partnern ist Liebe fremd, die aus Verantwortung
füreinander kommt und immer wieder Nein zu sich selbst
sagen muss. Ihre Liebe zueinander kommt aus dem Ja zu
sich selbst und der Freude über den anderen.