Montag, 22. Mai 2017

(Un)Ordnung


















Aus meiner Schatzkiste.
Alltag mit Kindern: Die Ordnungsfrage.

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Es ist klar, dass jeder die Ordnung macht oder eben nicht
macht, bei der er sich wohl fühlt. Und es ist auch klar, dass es
hierbei die verschiedensten Vorstellungen gibt, besonders
zwischen Erwachsenen und Kindern.

Was soll man machen, wenn die Kinder nicht eigene Zimmer
haben? Wo sie die (Un) Ordnung machen können, die sie
wollen? Wenn also zwei Lebensarten kollidieren? Wenn die
Kinder sich in den Räumen der Erwachsenen aufhalten und
wie einen Kometenschweif ihre (Un)Ordnung hinter sich
herziehen? Oder wenn die Kinder in ihren eigenen Zimmern
ein unerträgliches Chaos anrichten?

Wenn man dann den Kindern sagt, wie man es gern hätte -
na gut. Wenn es nur eine Information ist. Aber was solls? Die
Vorstellungen der Eltern von Ordnung - von der Erwachse-
nen-Ordnung - kennen die Kinder längst. Das nochmal
auszusprechen ist doch meist nur der Beginn, Druck auszu-
üben, damit die Kinder tun, was man will. Wenn es nicht das
notwendige Signal ist, eine Vereinbarung zum Aufräumen
anzumahnen, der die Kinder dann auch zustimmend nach-
kommen.

Auch amicative Eltern können in der (Un)Ordnung ihrer
Kinder eine Grenzüberschreitung erleben, die sie nicht hin-
nehmen wollen. Die Macht, die sie dann zur Durchsetzung
ihrer Ordnung ausüben, erfolgt ohne Demütigung und
Herabsetzung der Kinder. Denn die Kinder müssen nicht
einsehen, dass der Erwachsene recht hat. Er besteht auf
seiner Ordnung nicht deswegen, weil er wertvoller als das
Kind ist, über ihm steht und recht hat, sondern weil er in
Not ist und seine Grenze verteidigt.

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Aber es gibt für für die Eltern auch noch eine andere
Möglichkeit: Man kann selbst die Ordnung herstellen, die
einem wichtig ist - ohne sich dann herabgesetzt und ausge-
nutzt zu fühlen. Weil man weiß, dass die Kinder ihre (Un)Ord-
nung nicht aus irgendwelcher bösen Absicht, Nachlässigkeit
oder sonst einer Unart machen, sondern weil sie als souverä-
ne und selbstverantwortliche Menschen ihren eigenen Weg
gehen - auch in der Ordnungsfrage. Und dem begegnet man
mit Respekt und ohne Ärger. Man sorgt dann dafür, dass die
eigene Ordnung entweder nicht gestört wird (indem man die
Kinder an bestimmte Sachen nicht mehr heranlässt) oder
man lässt die Kinder spielen und räumt dann selbst in seinem
Sinne auf.

Die Gedanken solcher Eltern sind etwa diese:
"Was hat es für einen Sinn, andere meine Ordnung herstellen
zu lassen, außer dem, dass ich diesen Ordnungskrieg gewin-
ne? Die Unordnung der Kinder in meinem Bereich provo-
ziert mich nicht. Ich freue mich doch, dass die Kinder da sind
und dass sie bei mir leben. Und klar - das hat auch Auswir-
kungen, eben Kometenschweife. Einem Hund sehen wir
nach, wenn er Dreck in die Wohnung bringt - aber die
Kinder sollen unsere Ordnung halten? Ich liebe die Kinder
und auch ihre Unordnung, ihre Botschaften, ihre Symbole,
dass sie bei mir leben. Ich habe dadurch am Tag ein paar
Minuten Mehrarbeit, stimmt, ja und? Wieviel Energie und
Zeitverschwendung würde es kosten, einen Ordnungskrieg
zu führen?"

Und konkret: "Ich habe diese ganze Ordnungsproblematik
hinter mir, ausdiskutiert. Ich finde mich zurecht in unseren
verschiedenen Welten. Und ich finde immer wieder etwas,
das mir wirklich hilft: Bei mir gibt es eine Kiste, in die alle
Kindersachen reinkommen, die herumliegen. Mein Aufräu-
men geht mir von der Hand."

Die Eltern räumen dann auf, so wie sie Windeln wechseln,
Brei kochen, Wäsche waschen, Hausaufgaben nachsehen,
die Kinder zum Reit- und Klavierunterricht fahren. In
beiläufiger Freundlichkeit, ohne Anstoß zu nehmen und
ohne sich dabei zu überfordern. Und die Erfahrung solcher
Famılien hat gezeigt, dass die Kinder nach und nach ihre
Zimmer selbst aufräumen wollen - wenn sie nicht bedrängt
werden. Und zwar so, dass auch ihre Eltern mit der dann
erreichten Ordnung zufrieden sind.