Es ist Sonntag Vormittag, die Sonne
scheint, und ich bin draußen in Wiesen und Weiden.
»Guten Tag«, sagt die Kuh. »Guten Tag«,
sage ich. »Warum lässt Du mich töten – warum tötest Du mich? Oder ein Schwein,
ein Schaf, eine Gans? Wer gibt Dir das Recht dazu?« Jetzt bleibe ich stehen.
Ich sehe das Tier vor mir an. »Ich weiß es nicht anders«, sage ich. »Wenn ich
leben will, muss ich töten. Dich, oder andere Tiere. Oder Pflanzen.« »Ich will
nicht getötet werden. Glaubst Du, dass mein Leben weniger wert ist als Deins?«
»Wir haben gleichen Wert, wie alle Geschöpfe des Universums«, sage ich, »der
Mensch ist nicht die Krone der Schöpfung, sondern ein Teil des Ganzen.« »Aber
Du machst mich Dir untertan.« »Ich weiß es nicht anders«, sage ich noch einmal.
»Ich würde Dich auch töten, wenn ich sonst nicht leben könnte«, sagt die Kuh.
»Es ist nicht schön«, sage ich. »Aber es ist«, sagt die Kuh. »Wie die Sonne am
Himmel oder die Wolken im Wind. Das Leben tötet, um zu leben.« »Ja«, sage ich,
»ich verteidige meine Grenze, meine Lebensgrenze, mein Leben. Und das bedeutet für
Dich den Tod.«
»Nun gut«, sagt die Kuh, »wenn das die
Realität ist. Aber da gibt es noch etwas anderes.« »Was meinst Du?« »Stehst Du
über mir, wenn Du Dich durchsetzt?« »Schon«, sage ich, »ich gewinne, Du
verlierst. Ich gewinne Nahrung für mein Leben, Du verlierst Dein Leben.« »Ich
meine es nicht äußerlich. Ich meine es innerlich, von Deiner
Einstellung her.« »Viele Sieger fühlen sich auch über dem Verlierer
stehend, sehen auf ihn herab, demütigen
ihn. Aber für mich gilt anderes: ich fühle mich Dir verbunden, als
gleichwertiges Geschöpf.«
»Du tötest mich und fühlst Dich mir gleichzeitig
verbunden? Du stehst nicht über mir, wenn Du mich umbringst?« »Ich stehe nicht
über Dir, das ist meine Grundhaltung.« Und die Kuh sagt: »Es ist bei Dir wie bei
den Indianern, sie töten den Büffel mit Achtung und Respekt.«
Es ist Sonntag Vormittag, die Sonne
scheint, und ich bin draußen in Wiesen und Weiden.