Montag, 16. Dezember 2024

Saint-Exupéry: Fuchs und Rose, Teil II

 

 

Fortsetzung vom 9.12.2024



"Du bist für das verantwortlich, was Du Dir vertraut gemacht hast." Es geht im Buch "Der kleine Prinz" von Antoine de Saint-Exupéry um die Rose, und der Fuchs sagt dem Kleinen Prinzen diesen Satz. Den er sich merken will.

Wenn ich mit etwas oder mit jemandem zu tun habe - entsteht daraus eine Verantwortung? Der Satz aus dem Buch von Saint-Exupéry ist mir neulich wieder begegnet. Ich kenne ihn, und ich erlebe dabei ein süßes Gift.

*

Ich will mich kümmern und da sein, sorgen und hegen, wickeln und gießen. Weil ich das will, weil es meinen Werten entspricht, weil ich so Leid vermindern und Freude bereiten kann. Immer gemessen an dem, wie ich es einschätze. Da erhebt sich nichts über den andern. Das ist dabei auch nicht kraftlos oder unsicher, das kommt durchaus auch resolut und ungefragt daher. Aber der ganze Sound ist der von Gleich zu Gleich. Bei Saint-Exupéry klingt das für mich gänzlich anders.

Die ganze Verantwortungsthematik wird auf meinen Veranstaltungen immer wieder zum Problem. Wer verankert (sprich: gefangen) ist im (durchaus auch gutgemeinten) Oben-Unten hat keinen leichten Zugang zu meinem GleichzuGleich, in dem ich verankert bin und das genauso gut gemeint ist. Das einem Oben-Unten-Menschen nahezubringen, klar zu machen - immer wieder schwer bis unmöglich. Aber wer die befreiende Freude des GleichzuGleich einmal schmeckt oder wieder schmeckt, dem kann ich dabei helfen, sich diese Welt der Gleichwertigkeit zu erschließen.

"Du bist für das verantwortlich, was Du Dir vertraut gemacht hast" - der Satz stimmt für mich nicht, weil der zweite Teil für mich nicht funktioniert: weil niemand sich etwas vertraut machen kann, wenn er im Land des GleichzuGleich lebt. Da macht man sich nichts vertraut, was heißt: macht niemandem von sich abhängig und untertan (um ihn dann als Guter zu bedienen, als Böser auszubeuten). Ich mache mir nichts vertraut. Wiewohl Du mir vertraut bist und ich Dir vertraut bin, und wir im Vertrauen miteinander unterwegs sind.

Ich verlasse nicht Vertrauen, Öffnen, Sichhingeben. Es geht für mich eben nur so: Du vertraust Dich mir an, ich vertrau mich Dir an. Klare und andere Zuständigkeiten als beim Fuchs. Der Fuchs legt dem Kleinen Prinzen eine Pflicht nahe, welche die Rose entmündigt. So spricht ein Herrscher, kein Gleichwertiger. Ich hingegen schwinge mit Dir im GleichzuGleich.

"Du kannst Dich um Deine Rose kümmern, wenn Du sie liebst und wenn sie sich Dir anvertraut. Du bist nicht für sie verantwortlich - das ist sie selbst. Du bist für Dich verantwortlich."

Willst Du sie gießen? Dann tu es. Wenn Du sie nicht gießt, stirbt sie. Willst du das? Wer bist Du? Wer bin ich - wer will ich sein? Was sind meine Werte? Dem folge ich auch im Zusammensein mit Dir. Nicht aus Verantwortung, sondern aus Liebe.