Montag, 18. Februar 2019

Und plötzlich bin ich weg






Eine gute Freundin von mir verschwand von jetzt auf gleich im Krankenhaus. Nach schneller Diagnose wurde sie sofort operiert, es war knapp. Also: Sie ist noch da, aber beinah wäre sie weg gewesen, fort aus ihrem und aus meinem Leben. "Und plötzlich bin ich weg" sagt sie humorvoll zu ihrem Beinahe-Weg. Soweit kam es nicht. Aber sie hat doch irgendwie recht, so kanns ja kommen, und so wird es ja auch kommen. Wann weiß keiner so genau. Aber es ist schon ein Thema.

Was bleibt eigentlich, wenn unsereins plötzlich weg ist? Ich versuch das mal aus dem Futurum 3 anzusehen. Wie es denn sein gewesen hat sollen passiert sein. Aus der Überposition (ich bin weg und sehe zurück) auf das schauen, was dazu jetzt zu sagen ist. Erst mal stellt sich da bei mir der Humor ein. Grad noch da - dann plötzlich weg. Ist schon irgendwie komisch. Es macht einem dann ja gar nichts mehr irgendwas aus: man ist ja weg.

Irgendwie ein beruhigender Gedanke. Für nichts mehr zuständig, kein Knöllchen mehr, kein Ärger mit diesem und jenem. Klar, auch die schönen Dinge des Lebens sind dann weg, so eine rote Rose wie die oben gibts dann nicht mehr. Aber was soll der Trübsinn. Weg ist weg.

Den Dableibenden, den "Hinterbliebenen" wie es so schön heißt, kann ich da nur zuzwinkern: freut Euch über die Rose, solange Ihr sie seht. Ja, seht all das Schöne um Euch herum, es ist da, der Sonnenaufgang, der Sonnenuntergang, all das Unendliche dazwischen, und der Sternennachthimmel. Ach tausenderlei. Das schelmische "Plötzlich bin ich weg" meiner Freundin birgt ja eine tiefe Wahrheit und wichtige Botschaft: Sieh Dich um, sieh, wo Du bist: Blauer Planet Erde, ein wunderschöner Edelstein im Universum, und Du bist darauf unterwegs. Einfach grandios vor dieser monumentalen Kulisse des Kosmos, ein aus vollem Herzen kommendes "Ja" ist hier angesagt.

Ich habe viel Bekümmerliches über den Tod gespeichert in mir, aufgenommen an Wispern und Waspern in meinem Leben, von klein auf bis heute. Da stirbt dieser und jener, meine Großeltern, mein Vater, ein Kind auf dem Camp, etliche Freunde, sie gehen für immer. Und das alles ist mit Trauer und Betrübnis und wehe, wenn es Dir passiert, verwoben. Tja. Das will ich nicht schlechtreden oder zerdeppern, diese Todesgruseligkeiten in mir. Nur: ich rück das mal zurecht, nehm ihnen diese Wucht und Deutungshoheit. "Plötzlich bin ich weg" hat  Glückskraft. Und ist dann auch eine spannende Sache, wer weiß, wo es hingeht. Vielleicht nirgend wo hin, aus die Maus, vielleicht in so einen ewigen Glückseligkeitsmodus. Ist auch egal. Weg ist weg: da ist Heiterkeit angesagt.

Die Erinnerungen bleiben doch. All die schönen Erlebnisse mit denen, die plötzlich weg sind. Die plötzlich weg waren, weg gingen aus ihrem und aus meinem Leben. Und auch all der große und kleine Ärger mit ihnen ist weg. Das Leben: Ja, es kommt, es ist da und es geht wieder. Am anderen Ende des Bogens sind all meine Enkelkinder, inzwischen acht. Sie ragen ins nächste Jahrhundert hinein, sie werden 2100 plus erleben. Wenn ich plötzlich weg bin, sind sie da, und sie stieben davon in ihr Leben, zu ihren roten Rosen. Es ist einfach schön, das aus dem Fiturum 3 anzuschauen. Mein Herz ist voll davon.

Und dann gibt es noch die Sehnsucht und die Tränen. Ja wirklich. Und es tut weh. Aber die Sehnsucht und die Tränen werden auch wieder gehen, ohne die Vermissten zu verraten. Und die, die da so plötzlich weg sein werden, drehen uns hin zu den roten Rosen. Und sie haben ja so recht, und die Fröhlichkeit kehrt zurück.