Donnerstag, 12. Oktober 2017
Schlechtreden und Zurechtrücken
Ich erfahre von einem Freund, dass neulich jemand schlecht von mir
geredet hat. Zu einer anderen Person, die das dann alles geglaubt hat
und nun mit einem Bild von mir rumläuft, das ungut ist. So ungut, dass
sie mit mir nichts mehr zu tun haben will.
Soll ich bei der betreffenden Person intervenieren, zurechtrücken?
Damit ich wieder gut dastehe? Und soll ich den Schlechtredner zur
Rede stellen? Soll ich mich überhaupt in sowas reinhängen? Was
soll dabei rumkommen?
Ich bin jemand, der sich da raushält. Mit Schmutz beschäftigen bringt
nur schmutzige Hände. Wenn der Schlechtredner nicht erst mal mit
mir redet über das, was er an mir schlecht findet, sondern ohne Rück-
koppelung mit mir zu anderen geht und seine Sicht über mich kundtut
- da komme ich doch gar nicht mehr an ihn ran. Klar, ich könnte auch
energisch, empört oder soft auf ihn einreden, dass ich doch gar nicht
so bin, wie er meint. Aber er hat mich ja schon hinter sich gelassen.
Hat seine Meinung über mich gebildet und geht damit nach außen.
Bin ich der Oberschiedsrichter, der anderen das richtige gute Bild
von mir klarmachen muss? "So siehst Du mich falsch" - was soll so
ein Statement bringen? Ich finde das überhaupt nicht effektiv. Klar,
ich kann mir meinen Ärger von der Seele reden und ihm zeigen, wie
falsch er liegt. Könnte ja sein, dass ihn mein Protest beeindruckt.
Aber da bin ich doch skeptisch. Er hat sein Bild von mir, leider ein
schlechtes. Steht ihm zu, stehe ich ihm zu.
Ich habe in meiner Öffentlichkeitsarbeit immer mal wieder so etwas
erlebt. Beleidigungen, Beschimpfungen, Schlechtreden. Auch presse-
mäßig. Einen Shitstorm noch nicht.
Was also tun? Na ja, ich bin mein eigener Chef, ich kann auf alle
mögliche Weise reagieren. Mein Motto ist: Null Reaktion, auslaufen
lassen. Den Schlechtredner nicht reizen, anheizen. Ich bin ihm dabei
nicht mal böse, es ist ja sein Ding mit mir, das muss er so haben. Nur
ich habe keine Lust, mich mit dieser seiner Schlechtsicht auf mich
zu befassen. Ich finde mich nämlich sehr in Ordnung. Muss er ja nicht
mitmachen.
Ich bin schon neugiering, wie so ein Schlechtredner dazu kommt,
mich so schlecht zu sehen. Was ist passiert? Woran nimmt er Anstoß?
Gibt es ein Missverständnis? Hat der Schlechredner seinerseits etwas
Schlechtes über mich gehört? So etwas kriege ich aber nur raus, wenn
ich mit dem Schlechtredner rede, ihn frage. Mach ich aber nicht, sein
"Was will der Blöde denn jetzt?" liegt für mich einfach in der Luft.
Tischtuch zerschnitten.
Wenn zu meinen Kindern schlecht über mich geredet würde - tja, ein
echtes Dilemma. Ich habe einmal erlebt, dass eine Mutter in so einem
Fall ihrem Kind dem Umgang mit diesem Sie-Schlechtredner unter-
sagt hat. Das fand ich gut. Wer hat das schon gerne, dass die Kinder
irgendeinen Mist über mich als Vater oder Mutter in sich reinlassen,
mich so mistig zu sehen anfangen? Ja, wenn sie es von sich weisen,
prima. Aber gehört haben sie es doch. Alles irgendwie ungut.
Wir haben damals mit ihrem Kind über diese behaupteten Schlechtig-
keiten der Mutter geredet. "Glaub ich ja auch alles nicht" - na ja,
was bleibt trotzdem hängen? Es gab Besuchsverbot. Oder sollen
sich die Kinder ihr eigenes Urteil bilden? Ja, wenn es denn eine ehr-
liche kritische Sicht auf die Mutter ist. War es aber nicht. Es war eine
ungute Sicht, voll Abwertung, eben Schlechtreden.
Die große Alternative ist: Offensiv reinhängen. "Was hab ich da
gehört? So redest Du über mich? Wie kommst Du denn darauf?"
Mal sehen, was kommt. Mit dem Schlechtredner reden, mit dem
Betroffenen reden. Große Konferenz. "Entschuldige, das habe ich
nicht gewußt, Ja, wenn das so ist." Na prima. Das Geschmäckle
bleibt, ich kann denen doch nicht die Seele richten.
"Tut mir echt leid, dass ich so von Dir gedacht habe." Ehrliches
Innehalten, die Basis wiederfinden, Vertrauen, "Ok, Schwamm
drüber!" Nanana, denk ich, das gibts doch nur im Märchen. Der
Schlechtredner hat mich aufgegeben, mich nicht erst mal gefragt,
sonder ist mit festem schlechten Bild von mir losgezogen. Kein
guter Zug. Lass ich die Finger von.
Ich bin not amused, wenn schlecht über mich geredet wird. Aber
was solls, kommt eben vor. Weiter zur Tagesordnung. Blöd sind
nur die Auswirkungen auf die anderen. Na ja, das warte ich dann
mal ab. Vielleicht geht es ja gut aus. In diesem Fall, den ich jetzt
erlebt habe, erstmal nicht. Die betroffene Person hat sich von mir
zurückgezogen. Aber demnächst mache ich bei ihr doch noch einen
Versuch, wieder gut gesehen zu werden. Weil mir diese Person
wichtig ist. Ich verliere nicht gerne Freunde. Mal sehen, wie es
ausgeht.