Nach dem Joggen mache ich Gymnastik. Ich sitze auf dem Boden, auf dem kleinen Weg am Fluss. Ein Wanderer kommt auf mich zu. „Ist alles in Ordnung?“ fragt er besorgt. „Ja“, sage ich, „ich mache nur Gymnastik. Danke.“ Wir sehen uns freundlich an, und er geht wieder seiner Wege. Er sah einen Menschen am Boden, war besorgt und hat sich gekümmert. Es tut mir gut.
„Ist alles in Ordnung?“ Wir können immer wieder hinschauen. Vielleicht braucht jemand gerade Hilfe. Meine Hilfe. Doch da gibt es auch eine Hürde, die es zu nehmen gilt. Bin ich aufdringlich, übergriffig? Bringt meine Frage nur unangenehme Reaktionen?
Wie viel Einmischung darf sein? Wie immer kommt es letztlich auf mich an. Der andere wird dann schon reagieren. Ich sehe jemandem am Boden: kommt das gut, wenn ich da nachfrage? Ich überwinde die Hürde, betrete ungefragt sein Land und folge dem Impuls, mich einzumischen. Es drängt mich danach, und es beruhigt mich. Ich lasse ein mögliches Leid nicht am Wege liegen, übersehe dieses Signal nicht. Jeder gehört sich selbst, klar, aber diese Grenzüberschreitung gestatte ich mir.
„Ist alles in Ordnung?“ Ich denke darüber nach. Wie oft reagiere ich, wenn etwas neben mir auftaucht, das Leid sein könnte? Wie viel sehe ich und wieviel übersehe ich? Wie oft kann ich den Blick lösen vom Eingefangensein des Alltags? Ich nehme mich jetzt nicht in die Pflicht, sorgsamer zu sein. Aber ich spüre dem nach und merke, dass es einfach auch gut tut, sich zu kümmern. Mir gut tut. Es ist auch ein Abenteuer der Freude, dem anderen beizustehen und ihm aufzuhelfen.
Wenn wir in einem Raum liebevoller Leichtigkeit
unterwegs sind, schauen wir nach dem Leid des anderen. Wenn wir
selbst beschwert sind, gelingt das selten. Das muss man sich ja nicht
übelnehmen, wir sind stets unterschiedlich beladen unterwegs. Sein
„Ist alles in Ordnung?“ kommt aus einem guten Land, überschreitet
die Grenze und führt in ein gutes Land. Der Wanderer und ich sind
uns in diesem Land begegnet, ein bisschen Zauberei unten am Fluss.
Ein Geschenk, das mich begleitet.