Montag, 20. Mai 2019

Groll







Seit drei Wochen bin ich im Groll. Keinem großen, aber schon. Not amused, fühl mich ungerecht und unfair behandelt, muss mir sowas nicht antun. Und will mit dieser Person nichts mehr zu tun haben, die mich da angemacht hat. Bis auf Weiteres, wenn Weiteres denn kommen sollte. Aber so was Danebiges - danke!

Groll wird jeder kennen. Jeder? Ich kannte das bislang eigentlich nicht, mein Lebtag lang nicht. Ich bin auf nichts und niemanden grollig gewesen, cum grano salis. Klar, bescheuertes Verhalten von anderen und den Umständen gabs immer mal wieder. Aber das hat bei mir keinen Groll ausgelöst, ich kann mich jedenfalls nicht erinnern. Vor drei Wochen wars dann aber anders, bei diesem einen Menschen. Ich fühlte mich herabgesetzt, aber erst mal gab es dabei keine unruhige Grollresonanz. Eher was anderes, das Übliche: Verständsnisflimmern: "Ja klar, wenn die mich so sieht, dann muss die mich so anmachen. Regt mich nicht weiter auf. Versteh ich schon."

Jetzt kam es aber anders daher: entschieden, Ende der Beziehung. Ich muss mit so jemandem ja nichts weiter zu tun haben. Ich spürte Groll auf diesen Menschen. "Hab ich nicht (den Groll)" habe ich mir erst gesagt. Aber dann nochmal hingehört, in mich: "Hab ich doch". Und, auch wieder interessant, als ich das entdeckt habe, hab ich es mir nicht übel genommen. Hab ihn sich in mir ausbreiten lassen, den Groll, musste ihn nicht verscheuchen. Mal sehen, was draus wird. Es war ja auch nichts Überwältigendes, es war eben nur da. Und ich konnte ihn, den Groll, da sein lassen.

Ich bin nun absolut kein Vertreter des "Ärger/Wut/Hass ist schön"-Gebräus, des "Jeder darf das, das gehört zum Leben dazu, sonst ist man kein richtiger Mensch" und so. Ich muss das alles nicht haben. Ich finds von der dunklen Seite. Liebe ist das nicht, Weltfriede auch nicht. Da bin ich anders unterwegs, im hellen Land des Schönredens. Mein ich ehrlich, seh und fühl ich so, leb so, und es geht mir gut dabei. Klar, da muss jeder sehn, wo er sich verortet. Und wer sagt, sein Ärger/Wut/Hass gehört zu ihm wie seine Liebe/Freude/Glück: bitte sehr. Aber ich muss das Dunkle nicht haben und habe das auch nicht.

Bis auf das Ding, das sich da vor drei Wochen gemeldet hat. Ich hatte ein freundliches, fast schönes Gefühl zu diesem Groll: Dass ich dermaßen runtergeputzt wurde, und auch noch von diesem Menschen - das war ein Tacken zu viel für meine Harmoniewelt. "Die spinnt wohl" - der Groll hat sich gemeldet. Erst wollte ich ihn nicht wahrhaben, dann wegwischen: Denn dieser Mensch hat natürlich seine guten Gründe, fühlt sich von mir ungut behandelt, was weiß ich, und ist ja eigentlich liebenswert. Nein, es war zu viel, der Groll kam, und da habe ich zum Groll gesagt, und war erstaunt über mich: "Ok, Du kannst bleiben". Ich hab ihm nicht das Bett gemacht, ich hab ihn nur nicht rausgeworfen. Und ein bisschen gelünst, was wohl draus wird. Kurzum: er tat mir gut. Ausgleich zu dem Menschen, der mir eins verpasst hat und mir nicht gut tat.

Groll ist etwas aus der dunklen Welt, und ich heiße so etwas nicht willkommen. Ich finds besser, wenn ich so eine Anmache gelassen wegstecken kann, wie sonst. Aber wenn das eben nicht geht - und seit drei Wochen geht es nicht - , dann gehts eben nicht.

Ich habe einen freundlichen und unbeschwerten, nicht selbstzweiflerischen, nicht schuldgefühligen Zugang zum Groll gefunden. Oder: er hat mich gefunden. Ich fühl mich durch meinen Groll unterstützt (wobei auch immer), find ihn kraftspendend, lächelnd, freudig. Ich fühl mich vom Groll gemocht (vom Leben sowieso) und kann diese blöde Herabsetzung dann mal so stehen lassen. Die Herabsetzung macht mich ja auch nicht klein oder so. Hat mich nur verärgert.

Und ich kenn mich ja auch: Lange wird der Groll nicht bei mir wohnen. Er wird schon wieder gehen. Vorgestern habe ich mich schon wieder zu einer Freundlichkeit hinreißen lassen, hab eine freundliche Whatsup hingeschickt. Tat mir auch gut und war kein Grollverrat. Der Groll hat mich beobachtet und sich sein Teil gedacht: "Alter Schönredner". Aber so bin ich halt. Und im Frieden mit den anderen zu sein ist ja einfach auch schön.

Aber dieser Groll hatte auch was.