„Beim Spielen mit den
Gleichaltrigen war nichts außer Gleichwertigkeit. Wenn wir in der
Scheune balancierten: jeder auf seine Weise, mit mehr oder weniger
Mut, aufrecht, robbend, sitzend, unter uns der gefährliche Bulle.
Wir waren verschworen, solidarisch, von gleicher Art. Was immer wir
anstellten. Und wir wussten um uns, wenn ein Erwachsener in unsere
Welt einbrach, freundlich oder feindlich: er war anders, oben, maß
uns das Unten zu. Aber er erreichte uns nicht wirklich, denn in
unserem Land gab es kein Oben und kein Unten.“
Beim
Online-Kongress letzte Woche erzählte ich wieder einmal von der
Scheune. Diesmal aber sah ich mich als Erwachsenen, der zur Scheue
kommt, die Tür öffnet und die Kinder auf den Balken und unten den
Bullen sieht. Und ich sah die Kinder, die mich am Tor bemerkten, war
selbst eins von ihnen oben auf dem Balken, und die ganze Situation
verdichtete sich. Ich kramte sie hervor und wollte den
Kongressteilnehmern deutlich machen, was es auf sich hat mit „auf
gleicher Augenhöhe“, mit „Gleichwertigkeit von Erwachsenen und
Kindern“, wie sich das verstehen und erfühlen lässt.
Das
Beanspruchen der inneren Führung, das ist es, was für mich
gar nicht geht. Wenn Erwachsene mir so etwas damals rüberreichten,
konnte ich dem nichts offen entgegenhalten. Ich zog mich innerlich
zurück und tat äußerlich, was erwartet wurde oder tat es nicht.
Immer aber war ich innerlich groß, gab keinen Millimeter nach, auch
wenn ich mich zurückzog. Meine Krone konnte mir niemand vom Kopf
wischen. Da war ich bedeckt mit Drachenhaut, und zwar ohne
Siegfriedlücke, unverwundbar. Wenn ein Erwachsener in die Scheune
kam, hörten wir auf zu strahlen, wir zogen uns zurück. Äußerlich
sowieso (kamen runter), aber vor allem innerlich, und versteckten
unsere Souveränität. Wir wurden von Menschen zu Kindern.
Welchen
Blick hat der Erwachsene, der in die Scheune kommt? Das Geräusch,
das er beim Toröffnen macht, teilt uns oben auf dem Balken mit, wie
er drauf ist. Es schwingt zu uns, und wir wissen sofort Bescheid und
reagieren mit äußerem und innerem Rückzug. Ich sage im
Kongress-Interview: Wenn ich das Scheunentor öffne, erkennen
die Kinder am Geräusch, was für ein Mensch da kommt. Eben einer,
der um die Volljährigkeit und Vollwertigkeit dieser Sechsjährigen
weiß, der das sieht, der das vermittelt. „Das ist Hubi“ ruft
einer. Und sie leuchten weiter.
Ich werde gefragt, was ich
denn konkret tue, wenn ich die Kinder beim Balancieren über dem
gefährlichen Bullen sehe. „Kommt drauf an“, sage ich, „wie ich
drauf bin.“ Weites Feld. Immer aber ohne mich innerlich zum
Erwachsenen zu machen, ohne die jungen Menschen zu Kindern zu machen.
Konkret? Ja mei. Von „Geht´s noch, kommt da runter“ über „Passt
bloß auf“ zu „Ich mach mit“ und „Wenn ihr fallt, passt auf,
dass ihr dem Bullen nicht auf dem Kopf fallt“. Und. Ernsthaft,
scherzhaft. Und.
Jeder erkennt die Welt auf seine Weise. Ein
Neugeborener auf seine Weise, ein Einjähriger auf seine Weise, ein
Zweijähriger auf seine Weise, ein Dreijähriger auf seine Weise ...
ein Zwanzigjähriger auf seine Weise, ein Dreißigjähriger auf seine
Weise, ein Vierzigjähriger auf seine Weise ... ein Achtzigjähriger
auf seine Weise, ein Neunzigjähriger auf seine Weise, ein
Hundertjähriger auf seine Weise... Was ist daran so schwer zu
verstehen?
Ein Mann auf seine Weise, eine Frau auf ihre Weise,
ein Weißer auf seine Weise, ein Schwarzer auf seine Weise, ein
Dicker auf seine Weise, ein Dünner auf seine Weise, ein Christ auf
seine Weise, ein Muslim auf seine Weise, ein Kluger auf seine Weise,
ein Dummer auf seine Weise, ein Autofahrer auf seine Weise, ein
Fahrradfahrer auf seine Weise, und so weiter und so fort. Was ist
daran so schwer zu verstehen?
Pädagogisch eingestellte
Menschen auf ihre Weise. Nichtpädagogisch (amicativ) eingestellte
Menschen auf ihre Weise. Fragt sich, wer man ist und sein will. Und
je nachdem reagieren die anderen. Äußerlich. Innerlich. In der
Scheune und anderswo.

Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Ich freue mich über Ihren Kommentar.