Montag, 22. März 2021

Kleindankbar




Ich sitze an einem Buchprojekt und finde keine Zeit, einen neuen Post zu schreiben. Also krame ich in alten Texten und finde etwas, das mir gefällt. Es geht um Zeitloses: Dankbarkeit. Am Nikolaustag vor drei Jahren geschrieben, aber topaktuell. Und das Dankbarkeitsbuch ist in die Verlängerung gegangen, gibt’s bis heute...

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In letzter Zeit geht mir immer wieder durch den Sinn: "Dankbar sein". Besser: "Dankbar Sein", mit großem S. Es ist keine Ermahnung oder Aufforderung, was ich da gefasst habe, es ist ein Zustand. Ich schwinge in Dankbar Sein.

Ich habe gemerkt, erst wenig, wie ein Flüstern, dann mehr und stärker, dass es so viel in meinem Leben gibt, für das ich dankbar bin. Im Schauen zurück, in die vielen Jahre. Da gibt es unendlich viele Klein-Dankbarkeitigkeiten. Und auch viele wuchtige Groß-Dankbarkeitigkeiten. Und da ich nun dabei bin, in diesem Dankbarkeitsmodus grad unterwegs bin, merke ich diese Dankigkeiten Tag für Tag. Verblüffend viele!

Heute: Ich bin zu Besuch bei meiner Mutter. Wir fahren nachmittags los, um einen Adventskranz zu ergattern.Einen schlichten, so wie sie ihn mag. Es ist aber schon der 6. Dezember, und es ist fraglich, ob die Blumengeschäfte und Gärtnereien noch einen haben. Dreimal klappt es nicht, es gibt nur noch besonders Edle. Die will sie nicht. Hartnäckig wie ich bin, versuchen wir es wieder: und siehe da, eine große Gärtnerei außerhalb hat genau den, den sie sich wünscht. Tja, da bin ich einfach kleindankbar.

Auf dem Weihnachtsmarkt im Dorf ist es knallvoll. Ich breche ab und komme um neun, kurz vor Schluss wieder. Schon besser, aber die Stände haben nichts, was ich suche, Kleinigkeiten zum Verschenken zu Weihnachten. Na gut, dann eben nicht. Da bin ich auch nicht dankbar, liegt nicht an. Zum Schluss gibt es aber genau den Stand, der was für mich hat: Glasschmuck zum Aufhängen am Fenster. Ich komme mit dem Mann ins Gespräch, der die Glassterne gemacht hat. „Für einen Stern brauche ich eine knappe halbe Stunde.“ Er ist für mich ein Künstler, ich kann bewundern, was er gezaubert hat. Als ich gehe, bin ich wieder im Kleindankbarkeitsmodus. Doppelt: Ich habe doch noch ein schönes Geschenk gefunden. Und das Leben hat mir einen Künstler geschickt, wir waren einige Minuten gemeinsam unterwegs.

Ich zähl mal bis zehn, Dankbarkeiten heute: 1) Ich hatte ein gutes, das heißt: persönliches Gespräch mit dem Meister meiner Autowerkstatt. 2) Die Bremsklötze meines Autos, das ich verkaufen will, müssen nicht erneuert werden. 3) Die Dahlien haben sich butterweich im Garten rausmachen lassen: ruck-zuck fertig. 4) Meine Mutter wollte ihren täglichen Spaziergang doch noch machen, nach dem Einkaufen, im Dunkeln. 5) Sie hat über die Leuchthalsbänder der Hunde gestaunt, wie ein Kind halt. 6) Es gab hier im Haushalt tatsächlich eine funktionierende Luftpumpe für mein Radjoggen. 7) Die Zulassung meines neuen Autos beim Bürgeramt klappte wie am Schnürchen. 8) Felix hat mir doch noch die Adresse vom Theater gesimst, wo ich morgen für ihn besondere Lampen abholen soll. 9) Ich habe heute morgen meine Lieblingsschokolade im Nikolausschuh entdeckt.10) Das Toastbrot eben beim Abendessen war echt lecker!

Zum Geburtstag hatte mir eine Freundin ein besonderes Buch geschenkt: Ledereinband, leere Seiten. „Was immer Du damit anfangen willst.“ Ich habe sie eben angerufen: „Ich weiß jetzt, was ich mit dem Buch mache. Ich werde reinschreiben, worüber ich mich am Tag gefreut habe. Eine Dankbarkeit am Tag.“