Ich sitze an einem Buchprojekt und finde keine Zeit, einen neuen Post zu schreiben. Also krame ich in alten Texten und finde etwas, das mir gefällt. Es geht um Zeitloses: Dankbarkeit. Am Nikolaustag vor drei Jahren geschrieben, aber topaktuell. Und das Dankbarkeitsbuch ist in die Verlängerung gegangen, gibt’s bis heute...
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In letzter Zeit geht mir
immer wieder durch den Sinn: "Dankbar sein". Besser:
"Dankbar Sein", mit großem S. Es ist keine Ermahnung oder
Aufforderung, was ich da gefasst habe, es ist ein Zustand. Ich
schwinge in Dankbar Sein.
Ich habe gemerkt, erst wenig, wie
ein Flüstern, dann mehr und stärker, dass es so viel in meinem
Leben gibt, für das ich dankbar bin. Im Schauen zurück, in die
vielen Jahre. Da gibt es unendlich viele Klein-Dankbarkeitigkeiten.
Und auch viele wuchtige Groß-Dankbarkeitigkeiten. Und da ich nun
dabei bin, in diesem Dankbarkeitsmodus grad unterwegs bin, merke ich
diese Dankigkeiten Tag für Tag. Verblüffend viele!
Heute:
Ich bin zu Besuch bei meiner Mutter. Wir fahren nachmittags los, um
einen Adventskranz zu ergattern.Einen schlichten, so wie sie ihn mag.
Es ist aber schon der 6. Dezember, und es ist fraglich, ob die
Blumengeschäfte und Gärtnereien noch einen haben. Dreimal klappt es
nicht, es gibt nur noch besonders Edle. Die will sie nicht.
Hartnäckig wie ich bin, versuchen wir es wieder: und siehe da, eine
große Gärtnerei außerhalb hat genau den, den sie sich wünscht.
Tja, da bin ich einfach kleindankbar.
Auf dem Weihnachtsmarkt
im Dorf ist es knallvoll. Ich breche ab und komme um neun, kurz vor
Schluss wieder. Schon besser, aber die Stände haben nichts, was ich
suche, Kleinigkeiten zum Verschenken zu Weihnachten. Na gut, dann
eben nicht. Da bin ich auch nicht dankbar, liegt nicht an. Zum
Schluss gibt es aber genau den Stand, der was für mich hat:
Glasschmuck zum Aufhängen am Fenster. Ich komme mit dem Mann ins
Gespräch, der die Glassterne gemacht hat. „Für einen Stern
brauche ich eine knappe halbe Stunde.“ Er ist für mich ein
Künstler, ich kann bewundern, was er gezaubert hat. Als ich gehe,
bin ich wieder im Kleindankbarkeitsmodus. Doppelt: Ich habe doch noch
ein schönes Geschenk gefunden. Und das Leben hat mir einen Künstler
geschickt, wir waren einige Minuten gemeinsam unterwegs.
Ich
zähl mal bis zehn, Dankbarkeiten heute: 1) Ich hatte ein gutes, das
heißt: persönliches Gespräch mit dem Meister meiner Autowerkstatt.
2) Die Bremsklötze meines Autos, das ich verkaufen will, müssen
nicht erneuert werden. 3) Die Dahlien haben sich butterweich im
Garten rausmachen lassen: ruck-zuck fertig. 4) Meine Mutter wollte
ihren täglichen Spaziergang doch noch machen, nach dem Einkaufen, im
Dunkeln. 5) Sie hat über die Leuchthalsbänder der Hunde
gestaunt, wie ein Kind halt. 6) Es gab hier im Haushalt tatsächlich
eine funktionierende Luftpumpe für mein Radjoggen. 7) Die Zulassung
meines neuen Autos beim Bürgeramt klappte wie am Schnürchen. 8)
Felix hat mir doch noch die Adresse vom Theater gesimst, wo ich
morgen für ihn besondere Lampen abholen soll. 9) Ich habe heute
morgen meine Lieblingsschokolade im Nikolausschuh entdeckt.10) Das
Toastbrot eben beim Abendessen war echt lecker!
Zum Geburtstag
hatte mir eine Freundin ein besonderes Buch geschenkt: Ledereinband,
leere Seiten. „Was immer Du damit anfangen willst.“ Ich habe sie
eben angerufen: „Ich weiß jetzt, was ich mit dem Buch mache. Ich
werde reinschreiben, worüber ich mich am Tag gefreut habe. Eine
Dankbarkeit am Tag.“