Montag, 17. Juni 2019

Zumutungen, meine







Was mute ich mir zu? Was will ich mir zumuten? Was muss ich mir zumuten? Mir geht diese Zumuterei durch den Kopf. Banaler Anlass: beim Joggen vorhin gings ziemlich bergauf, ich war in fremdem Gelände unterwegs. Will ich da rauf? Echt jetzt? Was mute ich mir da zu...

Jedenfalls bin ich rauf und habe dabei über die Zumutungen nachgedacht. Und was mir da alles einfiel! Ist das Leben nicht eine reine Zumutung? Wie dieser Berg? Der ganze Klimakram? Mein aktueller Partnerschafts-KO? Dies und das und noch viel mehr.

Leichte Entrüstung machte sich breit. Wer bin ich eigentlich? Was soll das? Muss ich das haben? Irgendwie war ich in Kontakt mit zig Anforderungen, kleinen und großen, die so am Tag an mich ranschwappen. Die ich annehme, nicht als Zumutung erlebe, die ich abarbeite, erledige, vergesse. Aber! Jetzt beim Bergauf hab ich das mal gemerkt. Was tu ich mir da an?

Ich halte mich eigentlich für einen offenen und großzügigen Menschen. Ja – anderen gegenüber! Mit mir bin ich da nicht zimperlich, stelle mich hinten an und finde das richtig. Nein, kam da am Berg, übertreibs nicht, lass das mal, stell Dich mehr nach vorn, die anderen in die zweite Reihe. Wem gehöre ich? Richtig: mir. Und von da lässt sich gut erkennen, wenn ich denn hinschaue, was als Zumutung an mich, als Zumutung, meine daherkommt. Und das ist viel.

Was soll so ein Berg? So ein Klimakram? So eine Partnerschaftsrempelei? Muss ich doch alles nicht mitmachen. Mach ich aber: jogge brav weiter, zerbrech mir den Kopf übers Klima, sinne permanent über mein Partnerschafts-KO nach. Das (unreale) Gefühl, Chef im eigenen Haus zu sein, ist dann auch noch dabei! Wie blöd bin ich eigentlich? Als Chef meines Lebens, meiner Lebenszeit, meiner Lebensminuten, -stunden, -tage kann ich das in Wirklichkeit auch alles ganz anders handhaben.

Nix Berg rauf, lasst mich mit dem Klima in Ruhe, weg mit dem Partnerschaftskram. Den Zumutungen die Tür weisen, rauswerfen aus meiner Lebenszeit. Schwelgen im realen Chefgefühl: Ich muss da ja nichts wirklich. Ich kann, aber ich muss nicht. Und so nehme ich Witterung auf zu meinen Zumutungen und zu meiner Zumutungswehr.

Da atme ich durch, krieg mich wieder ein. Bin oben angekommen, bisschen keuchen, tieeeef durchatmen. Die Kühe nebenan auf der Weide: die sind echt Zumutungen ausgesetzt. Ich fühl mich ihnen verbunden. Ich kann (genauer: will) ihren Zaun nicht aufmachen. Aber meine Zäune sind ein ander Ding. Es ist natürlich auch immer eine Frage der Konsequenzen, die eine Zaunöffnen, also das Zurückweisen von Zumutungen, mit sich bringt. Wo sollen die Kühe denn hin? Was wird aus mir, wenn ich diese oder jene oder überjene Zumutung beende?

Das wird sich ja zeigen. Ich verfall mit meinen Überlegungen ja auch nicht dem Zumutungen-Zurückweisewahn. Ich merke ja nur mal was. Etwas von der Wahrheit, die mich umgibt. Sehen die Kühe den Zaun? In seiner Bedeutung? Sehe ich meine Zäune? In ihrer Bedeutung? Ich habe grad einen offenen Blick dafür. Fühl mich gut dabei und stark. Ich kann meine Zumutungen in die Schranken weisen, in meine Schranken. 

Nachmitags dann die Aufmutungen. Ich fahre im Sessellift hoch auf die Alm. Dort blühen alle Frühlingsblumen durcheinander. Welche schöne Zumutung! Voll Freude schicke ich ein paar dieser fröhlichen Lebenszeitdinge per Whatsup an einen lieben Menschen. Auch so eine Zumutung: Will sie sowas jetzt haben? Schon, denke ich, ich bin eben auch eine Zumutung. Aber eine schöne!