Montag, 11. November 2024

Armer Sünder oder Ebenbid Gottes

 


Was halte ich von mir? Wie denke ich von mir? Mehr positiv oder eher negativ? Ich meine einmal grundsätzlich gesehen. Armer Sünder oder Ebenbild Gottes? Ich sehe mich ja nun ganz und gar und durch und durch positiv. Und habe keine Ahnung, was sich da alles so an Negativem in mir finden könnte - falls sich da etwas findet! Auf den Vorträgen erzähle ich ja auch davon, dass jeder sich positiv sehen kann, lieben kann, so wie er ist. Nicht muss oder müsste, sondern kann. Es ist eine Einladung. Eine Einladung, sich zu mögen und zu lieben.

Als handfeste kleine Maßnahme sage ich den Teilnehmern gern, dass man sich aus dem Schneewittchenmärchen einen Spruch zurechtlegen kann. „Sie können diesen Satz auf einen kleinen Zettel schreiben und nachher zu Hause mit Tesa auf den Badezimmerspiegel kleben. Und wenn Sie morgen früh müde ins Bad kommen und lesen, was da steht... dann ist das frisch gelogen und trotzdem wahr!“ Die Leute schmunzeln und sie verstehen. Jeder weiß um diesen Satz, der so geht: „Ich bin die/der Schönste im ganzen Land“. So steht es auf dem Zettel geschrieben, frisch gelogen, trotzdem wahr!

In Sachen Selbstliebe begleiten mich schon lange zwei Passagen eines einschlägigen Buches*. Ich lese sie mir immer mal wieder durch, und „es macht etwas mit mir“. Wie immer sind wir ja Herr unserer Belange, die Amication ist da mutig und forsch. Also: Was will ich wirklich? Wer will ich sein? Was will ich von mir denken? Was halte ich von mir? 

Hier nun meine beiden Textstellen, für mich zum Nachsinnen, Innehalten, Bestätigen: Ja, so ist es. Der Autor spricht mich, den Leser, direkt an:

„Liebe, egal was geschieht! In wirklich allem, was sich im Alltag ereignet. Es spielt überhaupt keine Rolle, ob du emotional gerade oben bist oder unten. Ob dir eine Situation passt oder nicht. Ob du glücklich oder unglücklich bist...Egal, was passiert – deine Priorität in jeder Situation ist es, objektlos zu lieben. Du liebst sogar dann, wenn du dich manchmal nicht lieben kannst, nicht (mehr) lieben willst...Manchmal werden Glücksgefühle entstehen, ein anderes Mal wieder bleibst du relativ übelgelaunt, wütend oder frustriert. Dann liebst du dich eben dafür, dass du übelgelaunt, wütend oder frustriert bist.“

Zu etwas, das einem nicht gefällt, sagt er: „Bitte schau (es) dir genau an und liebe (es) so, wie (es) im Augenblick ist. Und wenn dir das schwerfällt, dann liebe dich dafür, dass es dir schwerfällt.“ (Ich habe das für mich auch im Blick auf meine Partnerin übertragen: „Bitte schau sie dir genau an und liebe sie so, wie sie im Augenblick ist. Und wenn dir das schwerfällt, dann liebe dich dafür, dass es dir schwerfällt.“)

Ich übersetze die beiden Passagen für mich so: Wenn ich mich liebe - na prima! Alles gut! Und wenn ich mich nicht leiden kann und die Selbstliebe sonst wo ist: Dann liebe ich mich eben dafür, dass ich mich nicht leiden kann. Es ist stets fester Grund.




* Werner Ablass, Gar nichts tun und alles erreichen, Aachen 2008, S. 29 f. und 223