„Da nimmst Du Schwung und fährst durch!“
Beim Joggen auf Feldwegen kommen mir eine Dreijährige auf ihrem kleinen Fahrrad und ihre Mutter auf ihrem großen Rad entgegen. Matschstelle. Das Mädchen zögert, doch ihre Mutter macht ihr Mut, und es klappt auch. „Alles nicht so einfach!“ rufe ich, und weg sind die beiden.
Ich bin oft vor eigentlich unschaffbaren Dingen, Hindernissen aller Art, großen und kleinen. Verlorenes wiederfinden, doch noch pünktlich sein, Amtsgeschäfte hinbekommen, Einkaufssachen schaffen, Geo-Cache finden, Joggingzeit einrichten, Kinderwünsche erfüllen. Ach, es gibt so vieles, was ganz und gar unrealistisch ist: unrealistisch, dass es zu schaffen ist.
Atlantik. Ich bekomme mit, dass Felix, 10, es nicht aus der Brandung schafft. Also hin, fasse ihn am Handgelenk und schwimm mit ihm Richtung Strand. Voll Kraft! Aber wir kommen nicht voran. Sog. Wir kommen nicht voran!!! Gut, dass er nichts davon mitkriegt. „Das schaffst Du“, ich sauge mich dran fest. Und wenn nicht? „Mach weiter!“ Ich nehme Schwung um Schwung, bis ich den Sand unter den Füßen spüre.
In mir ist eine stille Kraft, die mich Schwung haben lässt. Unverzagt sein. Zuversicht. Wird schon. Ohne dabei einen Aufriss zu machen. „Und wenn es nicht klappt? Wenn das Rad kippt? Die Bauchschmerzen bleiben? Das Buch ausverkauft ist? Das Überholen zu eng scheint? Ein Freund mich im Stich lässt?" Klar schwingt so etwas in mir. Aber es bannt mich nicht, lähmt mich nicht, nimmt mir nicht den Mut. „Da nimmst Du Schwung und fährst durch!“
Ich will das nicht übertreiben. Es gelingt ja auch immer wieder etwas nicht. Doch ein Punkt in Flensburg, doch keine Kinokarte mehr, doch das Knie kaputt. Aber diese Nichtgelinge nehmen mir nicht den Schwung, dieses sicher Gefühl. Diese Basis, willkommen zu sein, hier im Leben. Matsch, welcher Art auch immer: Wegmatsch, Meermatsch, Papiermatsch, Herzmatsch... Ich nehme Schwung und fahre drauf los, auf das Nein los, und immer wieder teilt sich die Dornenhecke und gibt mir Zutritt ins Rosenland.