Vorgestern habe ich Amication in einer kleinen Eltern- und Studentengruppe im privaten Kreis vorgestellt. Zum Schluss sagte eine Teilnehmerin, Kerstin, sie habe ein Gedicht geschrieben, es passe gut zum dem, was ich grade erzählt hätte. Wir wollten es alle hören, und Kerstin trug es vor. Ich habe sie gefragt, ob ich ihr Gedicht in meinen Blog stellen könne. Kerstin war einverstanden und hat es mir zugeschickt.
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Lass mir mein Bild
Ich will, dass du mich
hältst.
Und dass du sagst:
"ich tröst dich,
wenn du fällst"
und "ich bin für
dich da,
wenn du mich brauchst".
Aber ich will auch,
dass du mich respektierst.
Und dein Vertrauen nie
verlierst
darin, dass ich es
schaffe.
Und dass ich, was ich tu,
am Ende richtig mache.
Ich will, dass du mich gehen lässt.
Mich ziehen und
verstehen lässt,
wie dieses Leben funktioniert.
Das geht,
indem man ausprobiert
und läuft - nicht nur
geradeaus.
Mach ich nen Fehler
dann mach du
dir nichts
daraus.
Und glaub nicht,
dass du wüsstest
was
du an meiner Stelle
machen müsstest.
Lass
mir den Pinsel in der Hand,
mal nicht das Bild für
mich.
Klar, sind die Farben und die Linien
da nicht
einheitlich,
aber ich muss es selber malen,
ganz allein.
Sag nichts dazu,
misch dich nicht ein,
ich
muss all das bestreiten.
Also: ich bitte dich, versuch's,
sie
nicht zu überschreiten:
die Linie des Respektes zwischen uns.
Die sagt "es ist dein Leben,
und ob ich's möchte oder
nicht,
muss ich dir Freiraum geben".
Also versuch es zu versteh'n:
lass mich los und lass mich geh'n,
ich kann's
allein.
Willst du behilflich sein,
dann tröst' mich, falls ich
falle.
Denn letzten Endes tun das alle
ab und zu.
Doch sei
dir sicher und bewusst
dass ich das, was ich tu,
zu guter
Letzt
und jedes Mal
auf meine Weise löse.
Zieh ich das Bild aus
deiner Hand,
sei mir dafür nicht böse.
Kerstin Mühlhäuser