Montag, 25. Januar 2021

Von Matterhörnern und Sonnenstrahlen - wie sich Amication umsetzen lässt




Eine Mutter schrieb mir in einem Brief, dass sie sich über meine Bücher gefreut habe und nun versuche, so mit ihren Kindern zu leben. Und dann fragte sie nach der Umsetzung, und wie lange es wohl dauert. Die Umsetzung sei eine große Herausforderung. Tja - wie lässt sich die amicative Gedankenwelt in die Praxis umsetzen? Ich habe ihr dann freundlich geantwortet, auch gesagt, sie solle sich da keinen Stress machen. Und mich an einen Text erinnert, den ich vor einiger Zeit dazu geschrieben habe. Hier ist er.

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»Wie soll ich Amication in die Praxis umsetzen? « Das geht natürlich nicht! Nicht so, wie es in dieser Frage aufscheint. Als Anwendung. Als etwas, das gekonnt sein will. Das man lernen kann. So geht es eben nicht!
 
Wie aber dann? Nun – es passiert einfach. Beiläufig. Ohne Absicht. Als Geschenk. Einfach so. Aber: nicht jedem passiert es, und nicht zu jeder Zeit und an jedem Ort. Es braucht günstige Umstände. Gute Zeiten. Sonne am Himmel. Besser: Sonne im Herzen. Denn mit dem Herzen hat es zu tun. Amication ist ja auch eine Herzenssache. Und die kommt gleich nach der Verstandessache. Oder vorher. Mit dem Verstand könnt Ihr herausfinden, welche Gipfel der Erkenntnis überhaupt in Frage kommen. Welche Gipfel der Ethik und Moral, der Philosophie und der Lebensfreude Ihr denn überhaupt als die eigenen ansehen möchtet. Und welche Ihr dann besteigen wollt, die Gipfel, auf denen Ihr zu Hause seid, im Nachdenken, mit dem Verstand, mit der intellektuellen Identität.

»Zu mir gehört Amication«. So ein Satz ist eine klare Kopfposition. Und gleich danach und eigentlich ja davor kommt das Herz: »Das fühle ich, diese amicativen Matterhörner und Wasserfälle, Kuhglocken und Schneereste, Murmeltiere und Alpensegler, Enziane und Berghütten. Das alles fühle ich eben – die amicativen Sonnenstrahlen wärmen mein Herz, erfüllen mich und machen mich froh. Wenn Ihr das fühlt (wenn Ihr das fühlt), dann ist der Rest – der ganze Rest: die so genannte Umsetzung – eine Naturgewalt, die sich eben einfach ereignet. Die nicht inszeniert werden kann, sondern die sich ergibt. Als Ausdruck dieses amicativ schlagenden Herzens, dieses Gefühls: »So – genau so ist es für mich richtig. Alles – die Amication rauf und runter, alle zwölf Punkte der Grundlagen und zigtausend amicative Dinge mehr.«

»Das sagt mir was, die Amciation. Das ist mein Zuhause. Darin lebe ich. Das ist alles für mich so selbstverständlich.« Dann hat die Umsetzung längst begonnen. Euer Herz hat sich verwandelt, Ihr habt es umgesetzt in amicatives Land. Mehr ist nicht nötig, und mehr geht auch gar nicht. Nur so lässt sich Amication »umsetzen«.

»Kann man das nicht ein bisschen konkreter haben? So, dass man sich etwas unter amicativer Umsetzung vorstellen kann?« Bitte was? Wie soll man sich denn eine solche Herzumsetzung vorstellen? So etwas macht kein Arzt und keine Medizin, so etwas wächst. Von allein, oder eben nicht. Und je nach Umständen. Ja, natürlich, man muss dafür offen sein, ein bisschen jedenfalls. Ohne dieses bisschen mitgebrachte Offenheit geht es nicht. Und ob man so ein Stückchen Offenheit im Lebensrucksack hat oder nicht – das ist ein Geheimnis, das jeder in sich hat.


Montag, 18. Januar 2021

Mir zur Freude

 


Amication errichtet keine neue Norm, nach der man leben sollte. Es wird vielmehr eine Einladung ausgesprochen und eine Freude angeboten: Es gibt die Möglichkeit zur Selbstliebe. "Ich liebe mich so wie ich bin" ist eine Perspektive und enthält keinerlei Verpflichtung. Nichts spricht wirklich dagegen. Ein jeder kann sich lieben, so wie er ist. Man kann! Und Amication ist dann noch ein bisschen mehr, ohne jegliche Pflicht, ein "Mach doch - Komm mit - Du bist willkommen".

Selbstliebe wächst ohne Selbsterziehung, mit beiläufiger Freundlichkeit sich selbst gegenüber. Und auch die pädagogischen Anteile des Ich müssen nicht verändert werden, sondern sind als Teil der eigenen Biografie geachtet. Alles hat seinen Platz in einem jedem Menschen - Vergangenes und Widersprüche ebenso wie Aufbruch und neuer Weg.

Selbstliebe ist ein buntes Mosaik mit vielen Elementen. Selbstliebe beginnt mit dem Vertrauen zu sich, flutet in alle Facetten des Selbst und endet im Unendlichen.

Ich traue mir.
Ich vertraue mir.
Ich lasse mich gewähren.
Ich stehe mir zur Seite.

Ich setze auf mich.
Ich bin mit mir im Einklang.
Ich trage Frieden in mir.
Ich bin wertvoll.

Ich gehöre mir selbst.
Ich bin mein eigener Souverän.
Ich gehe durch dieses mein Leben.
Ich lebe mir zur Freude.

Ich bin nur für mich verantwortlich.
Ich bin nicht für andere verantwortlich.
Ich halte nach anderen Ausschau.
Ich bin für andere da.

Ich mache alles und nichts.
Ich handle weder falsch noch richtig.
Ich bin Teil des unendlichen Sinns.
Ich bin und ich bin und ich bin.

Ich erfahre die Welt nur auf meine Weise.
Ich wache morgen früh wieder auf.
Ich vertraue mich meinem Tod an.
Ich bin der Mittelpunkt des Universums.

Ich liebe mich so wie ich bin.

Montag, 11. Januar 2021

Bist Du glücklich?

 


Glücklich sein? Mir geht durch den Kopf, dass es vielleicht etwas unverfroren ist, solche Gedanken heutzutage zu haben - angesichts des ganzen Chaos ringsum. Die Wichtigkeiten in meiner eigenen kleinen Welt wollen aber auch gesehen und gehegt und gepflegt werden, das übersehe ich nicht. Ich bin heute Nachmittag gejoggt, Wald, grauer Himmel, Nieselregen. War ich da glücklich? Bin ich es jetzt, hier beim Schreiben, mitten in der Nacht? Wenn ich so in die Tiefe gehe, kommt ein "schon, doch, klar". Kein Aber. Also: Frag ich mal nach.

"Bist Du glücklich?"

Einmal ganz abgesehen davon, was das denn sein soll: „glücklich sein“ – irgendetwas Sinnvolles wird da jeder parat haben. Aber die Frage! Sie trifft mich. Sie hält mich an. Sie geht in die Tiefe. Sie dringt vor zum anderen als Person. Wann fragen wir den anderen? Fragen wir unsere Kinder, ob sie glücklich sind? Kann man Kinder überhaupt so etwas fragen? Welche Antwort könnte es da schon geben? Es wird wahrscheinlich etwas seltsam werden, das Gespräch. Wichtiger ist, dass wir uns diese Frage an unsere Kinder selbst vorlegen, im Stillen fragen: Ist dieser Mensch da vor mir glücklich? Mit seinen 2, 4, 6, 8, 10 ... Jahren?

Mit einer solchen Bereitschaft zum anderen sehen, der stillen Frage nach seiner Zufriedenheit, seinem Wohlbefinden, seinem Glück. Die Verwobenheit mit dem Glück des anderen zerrinnt leicht, geht unter im Alltag. Man kann diese Frage aber immer mal wieder hervorzotteln, den Blick zum anderen auf einmal ganz konzentriert werden lassen, ihm nah sein und diese Frage an ihn in sich selbst spüren.

Bin ich glücklich? Die Frage nach dem Glücklichsein geht auch an mich. Selbstliebe läßt diese Frage zu und geht auf mich zu. „Bist Du glücklich?“ frage ich mich, und allein das Kümmern um mich selbst, das in dieser Frage lebt, ist Kraft und Wärme. Das Kümmern um mich selbst spüren und willkommen heißen. Und dabei wie durch Zauberei merken, dass diese Frage nach innen, an mich, auch nach außen geht, mich zu Dir hinsehen läßt und Dich fragen läßt: „Bist du glücklich?“








 

Montag, 4. Januar 2021

Meine Nähe zum Universum




Es ist Nacht. Ich bin draußen, in den Feldern. Ich liege auf meiner Isomatte und bin warm angezogen. Ich habe ein Kissen unter dem Kopf und sehe. Das Nachtdunkel, und darin die Sterne. Lichter, Punkte, größere, kleinere. Einige erkenne ich wieder, Orion, Plejaden, Wagen, Himmels-W. Jupiter ist nicht zu verfehlen. Halbmond. Von den Lichtpunkten über mir weiß ich, dass darunter unzählige Galaxien sind, die ich nur als Punkt wahrnehme. Milchstraßen, mit Übermillionen Sternen. Und dass es Übermillionen Milchstraßen gibt. Dann höre ich auf nachzudenken.

Ich lasse mich fallen in diese Dunkelheit mit den Lichtern. Wer bin ich – wer seid ihr? Was passiert in mir? Es ist eine grandiose Harmonie, die ich wahrnehme. Ich komme mehr und mehr zu mir. Meine Nähe zu mir ist meine Nähe zum Universum. Meine Nähe zu mir kommt als Selbstliebe daher, meine Nähe zum Universum als Vertrauen und Vertrautheit. Ich bin mit all diesem in Beziehung, Verbindung, Resonanz.

Es muß sich nichts ändern. Es kann sich alles ändern. Und es ändert sich ja auch immer wieder. Sterne vergehen und entstehen. Meine Wege lösen sich auf und beginnen neu. Meine Winzigkeit hier unten ist mein Universum, und ich nehme die Zuversicht der Sternenwelt gegen meine Verzagtheiten. Wo der Klang der Großen Liebe aus den unendlichen Tiefen des Kosmos meine Selbstliebe zum Schwingen bringt.