Eine
 Mutter schrieb mir in einem Brief, dass sie sich über meine Bücher 
gefreut habe und nun versuche, so mit ihren Kindern zu leben. Und dann 
fragte sie nach der Umsetzung, und wie lange es wohl dauert. Die
 Umsetzung sei eine große Herausforderung. Tja - wie lässt sich die 
amicative Gedankenwelt in die Praxis umsetzen? Ich habe ihr dann 
freundlich geantwortet, auch gesagt, sie solle sich da keinen Stress 
machen. Und mich an einen Text erinnert, den ich vor einiger Zeit dazu 
geschrieben habe. Hier ist er.
*
»Wie soll ich Amication in die Praxis umsetzen? « Das geht natürlich 
nicht! Nicht so, wie es in dieser Frage aufscheint. Als Anwendung. Als 
etwas, das gekonnt sein will. Das man lernen kann. So geht es eben 
nicht!
Wie aber dann? Nun – es passiert einfach. Beiläufig. Ohne Absicht. Als 
Geschenk. Einfach so. Aber: nicht jedem passiert es, und nicht zu jeder 
Zeit und an jedem Ort. Es braucht günstige Umstände. Gute Zeiten. Sonne 
am Himmel. Besser: Sonne im Herzen. Denn mit dem Herzen hat es zu tun. 
Amication ist ja auch eine Herzenssache. Und die kommt gleich nach der 
Verstandessache. Oder vorher. Mit dem Verstand könnt Ihr herausfinden, 
welche Gipfel der Erkenntnis überhaupt in Frage kommen. Welche Gipfel 
der Ethik und Moral, der Philosophie und der Lebensfreude Ihr denn 
überhaupt als die eigenen ansehen möchtet. Und welche Ihr dann besteigen
 wollt, die Gipfel, auf denen Ihr zu Hause seid, im Nachdenken, mit dem 
Verstand, mit der intellektuellen Identität. 
»Zu mir gehört Amication«. So ein Satz ist eine klare Kopfposition. Und 
gleich danach und eigentlich ja davor kommt das Herz: »Das fühle ich, 
diese amicativen Matterhörner und Wasserfälle, Kuhglocken und 
Schneereste, Murmeltiere und Alpensegler, Enziane und Berghütten. Das 
alles fühle ich eben – die amicativen Sonnenstrahlen wärmen mein Herz, 
erfüllen mich und machen mich froh. Wenn Ihr das fühlt (wenn Ihr das 
fühlt), dann ist der Rest – der ganze Rest: die so genannte Umsetzung – 
eine Naturgewalt, die sich eben einfach ereignet. Die nicht inszeniert 
werden kann, sondern die sich ergibt. Als Ausdruck dieses amicativ 
schlagenden Herzens, dieses Gefühls: »So – genau so ist es für mich 
richtig. Alles – die Amication rauf und runter, alle zwölf Punkte der 
Grundlagen und zigtausend amicative Dinge mehr.« 
»Das sagt mir was, die Amciation. Das ist mein Zuhause. Darin lebe ich. 
Das ist alles für mich so selbstverständlich.« Dann hat die Umsetzung 
längst begonnen. Euer Herz hat sich verwandelt, Ihr habt es umgesetzt in
 amicatives Land. Mehr ist nicht nötig, und mehr geht auch gar nicht. 
Nur so lässt sich Amication »umsetzen«. 
»Kann man das nicht ein bisschen konkreter haben? So, dass man sich 
etwas unter amicativer Umsetzung vorstellen kann?« Bitte was? Wie soll 
man sich denn eine solche Herzumsetzung vorstellen? So etwas macht kein 
Arzt und keine Medizin, so etwas wächst. Von allein, oder eben nicht. 
Und je nach Umständen. Ja, natürlich, man muss dafür offen sein, ein 
bisschen jedenfalls. Ohne dieses bisschen mitgebrachte Offenheit geht es
 nicht. Und ob man so ein Stückchen Offenheit im Lebensrucksack hat oder
 nicht – das ist ein Geheimnis, das jeder in sich hat. 
          
        
          
 
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