Dienstag, 19. Juni 2018

Kinderforschung: Bericht (6) - Subjektiv und persönlich







In unregelmäßigen Abständen poste ich Texte aus meiner Dissertation, meiner "Kinderforschung".


Hier geht es um meine Überlegung, mehr noch: meine Überzeugung, dass ein wie-auch-immer objektiver Massstab in der menschlichen Kommunikation nichts zu suchen hat, generell, aber speziell auch nicht in der Kommunikation mit Kindern. Kann ich dann, wenn nur Subjektives gilt, überhaupt wissenschaftlich arbeiten? Klar, grade! Jede wissenschaftliche Forschung muss zu dem passen, was man erforschen will - sonst verpasst man das, was man erforschen will. Menschliche Kommunikation ist immer subjektiv. Also muss jede Wissenschaft, die sich mit menschlicher Kommunikation befasst, subjektiv sein. Das ist Wissenschaftstheorie, und hier habe ich eine eindeutige Position. Mir ist schon klar, dass man das auch anders sehen kann. Ich aber nicht.


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Ich halte es für unverzichtbar, subjektiv und persönlich mitzuteilen, was ich erfahren habe und entdeckt zu haben meine. Die Begegnung mit Jungen Menschen ist keine "sachliche" oder "technische" oder "methodische" Angelegenheit. Ich habe da eine tiefe Abneigung zu allem "Objektiven" - Wissenschaft, die sich dem objektiven Prinzip verpflichtet, verfehlt die Person. Das ist für mich völlig klar. Und gilt allgemein für menschliche Kommunikation, nicht nur für Begegnungen mit Jungen Menschen. Wenn ich vom Beginn, dem Weg, dem Land über (mittels) meine Person berichte, kann ich an den Rezipienten rankommen: Er kann etwas von mir erfahren, von mir als Person - und den Wegen, die mir möglich waren. Und so hat er eine Chance, seinen eigenen Weg zu finden.

Ach ja - Psychologie und Pädagogik: Das sind schon so zwei Geißeln der Menschheit. Allemal sind es Menschen, Erwachsene Menschen, die diese Dinge betreiben - und IHNEN, die sich dahinter (der Wissenschaft von der Psyche und der Erziehung) verbergen, ihnen möchte ich etwas sagen, ihnen hinter diese bombastischen Fassaden meine Erfahrungen mitteilen. Und sie ein bisschen verlocken, doch mal vorzukommen, den weißen Kittel auszuziehen und PERSON zu sein - denn es gibt so viele und so schöne Personen, dort, wo ich gewesen bin.  

Ich schreibe diese Arbeit als wissenschaftliche Arbeit. Und meine wissenschaftliche Relevanz misst sich an einem Grundauftrag für jede Wissenschaft, der wohl in Vergessenheit geraten ist: Den Menschen weiterzuhelfen, im Miteinander. Physik zum Beispiel (habe ich als Lehrerstudent studiert) hilft, weiterzukommen, Dinge für Menschen nutzbar zu machen. Da kann ich Objektivität akzeptieren (obwohl man sicher auch darüber nachdenken kann).  

Aber für den Bereich menschlicher Kommunikation ist Objektivität für mich "Objektivität", und die Anführungszeichen bezeichnen den falschen Weg: Wer objektiv mit Menschen umgeht (im Bereich der Kommunikation, nicht, wenn es z.B. um eine Operation geht oder um die Größe eines Hemdes), wenn er mit ihnen in Beziehung treten will - der hat keine Chance, sie zu erreichen. Er wird sie beherrschen, oder sonstwas - aber er reduziert dann das Humane. Und sich selbst übrigens auch. Junge Menschen sind da sehr souverän - ihre Subjektivität ist geradezu therapeutisch. Doch dazu später. 


Fortsetzung folgt (unregelmäßig)



Samstag, 16. Juni 2018

Kinderforschung: Bericht (5) - Beginn, Weg, Land








In unregelmäßigen Abständen poste ich Texte aus meiner Dissertation, meiner "Kinderforschung".(Die Schriftbilder bei der Übertragung vom Original in den Blog bekomme ich grade nicht gut hin.)

Erst ein aktueller Vorspann zum besseren Verstehen:

In diesem Abschnitt befasse ich mit den Kategorien (die ich "Sachen" nenne), die bei meiner Forschung eine Rolle spielen. Also, ich bin in meiner Forschung gestoßen auf:

1. Young-People-Code. Bedeutsam, dass es ihn überhaupt gibt, dass ich ihn überhaupt wahrnehme. Yong-People-Code meint: Kinder haben eine eigene Weltsicht/Weltdeutung/Weltwahrnehmung, die sich von der Weltssicht/Weltdeutung/Weltwahrnehmung der Erwachsenern unterscheidet.

2. Einstieg. Einstieg des Weges zu den Kindern, zu ihrem Code, zu ihrem Land. Wo beginne ich, wenn ich mich auf den Weg zu den Kindern mache? Wo beginnen andere? Welche Tür in mir muss ich finden und öffnen, wenn ich den Weg zu den Kindern gehen will? Ohne diesen Einstieg findet man den Weg zu den Kindern nicht, geschweige denn ihr Land und ihren Code. Jeder Erwachsene geht irgendwie "selbstverständlich" mit Kindern um. Nur: so "selbstverständlich" ist das eben nicht, wenn man die Kinder wirklich (was ist das?) erreichen will. Zum Vergleich und als Erinnerung: Der "selbstvertändliche" Umgang der Männer mit den Frauen, des Menschen mit der Natur...Wir haben viel dazugelernt und uns in die eigenen Welten anderer einfühlen können. Erst mal davon ausgehen, dass es sie gibt, dann sich dahin aufmachen...

Einschubbemerkung: Code und Land: etwas unklare Gemengelage. "Land" ist allgemein die Welt, in der die Kinder leben, erkannt als eigene Welt, die physisch dieselbe ist wie die Erwachsenenwelt, die aber psychisch ihr eigene Kinder-Ausprägung hat. "Code" ist ihre Sicht/Deutung/Wahrnehmung von dem, was in ihrer Lebenswelt geschieht.

3.Weg. Wie sieht der Weg zu den Kindern aus? Was gilt, wenn ich mich zu den Kindern aufmache? Was muss ich beachten, wenn ich ins Kinderland kommen will? Und nicht doch irgendwie in Erwachsenengefilde abbiege, mich im Erwachsenengestrüpp verheddere und mich dort nicht lösen kann?

4. Land. Das Kinderland daselbst. Den Code bemerkt (dass es ihn gibt), den Einstieg in mir gefunden, den Weg gegangen und nicht verfehlt und zum Schluss das Eingangstor ins Kinderland durchschritten, angekommen.

5. Erleben. Was erlebe ich bei den Kindern? Was geschieht mit mir im Kinderland? Kann ich überhaupt ihre Sprache lernen? Und sprechen? Und was stellen sie mit mir an? Was macht das alles mit mir, wenn ich im Kinderland unterwegs bin? Könnte ich mich auch/gar verlieren?

6. Berichten. Was berichte ich von meinem Erleben? Kann ich überhaupt berichten? Welche Sprache, Worte, Sätze, Sprachbilder, Gedichte? Wie transportiere ich das Erlebte - allemal mein subjektives Erlebtes - in die Welt der Erwachsenen?


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   O.k. - wenn das Phänomen des Young-People-Codes, seine Existenz, ein Punkt meiner Arbeit ist, dann kann die Beschreibung dieses Codes ein weiterer sein. Da werde ich nur Schlaglichter in dieses unbekannte Land werfen können. Fotos, die ich eingefangen habe. Aber immerhin: Ich habe Fotos gemacht, so, wie es jetzt Bilder vom Mars gibt. Wie es dort tatsächlich aussieht, LIFE, das ist eine Sache, die jeder dann schon selbst tun muss. Und damit bin ich bei einer dritten Sache: WIE kann man Zugang zu diesem Code finden? WIE kann man damit anfangen? Ich kann Aussagen darüber machen, wie ich den Einstieg gefunden habe - das ist eine vierte Sache. Die Beschreibung des Weges dorthin, nachdem der Einstieg, der Beginn gefunden war (vierte Sache), wird die dritte Sache sein. Und eine Konstante, die ich in allen Punkten immer wieder aufgreifen werde: Dies ist das, was ich dabei in mir erlebt habe, Ärger, Stress, Freude usw.  

    Überhaupt: Beginn - Weg - Land, das ist etwas, das von mir unabhängig existiert. Das ist das Objektive an meiner Arbeit: Dies wird jeder nachvollziehen, nachmachen, ebenso finden können. Wie es mir dabei erging, bei der Suche nach dem Beginn, auf dem Weg, beim Verweilen in ihrem Land - und dann auf dem Weg zurück und der Rückkehr im Erwachsenen-Code: Das ist eine wichtige Sache. Vielleicht wird erst dadurch, dass ich mich dabei mit ins Spiel bringe, wenn ich darüber schreibe, nachvollziehbar werden für an­dere Erwachsene Menschen, wie das mit dem Beginn, dem Weg, dem Aufenthalt und der Rückkehr ist. 


    Fortsetzung folgt (unregelmäßig)