Amicative Menschen machen sich selbstverständlich auch Gedanken über das Verhalten und die Entwicklung ihrer Kinder. Diese Gedanken, diese Sorge, dieses Kümmern kommen von innen. Sie kommen nicht aus einem Sollen, einer Norm (was man als gute Eltern tun sollte). Sie kommen nicht aus Verantwortung für das Kind, sondern aus Verantwortung für sich selbst. Diese Gedanken sind Ausdruck des Kümmerns um sich selbst. „Meine Liebe zu mir umfasst auch Dich, Kind. Und deswegen mache ich mir meine Gedanken, auch um Dich.“
Die Verantwortung für Kinder wird nicht deswegen aufgegeben, weil das gut für die Kinder ist. Dann wäre man letztlich doch für die Kinder verantwortlich und landete bei der skurrilen Position, dass man aus Verantwortung für Kinder diese Verantwortung aufgibt. Nein: Man gibt die Verantwortung für Kinder deswegen auf, weil das gut für einen selbst ist.
Ich kann meine Einstellung – in Kindern selbstverantwortliche Wesen zu sehen – nicht rückgängig machen und will dies nicht. Ich kann und will nicht mehr jemand sein, der sich für andere verantwortlich fühlt - weil dies ein jeder Mensch selbst ist, auch ein Kind! Mich für einen anderen verantwortlich zu fühlen würde bedeuten, ihn psychisch zu überfallen und damit zu entmündigen. In bester Absicht. Aber Kinder haben wie alle Menschen eine eigene, souveräne innere Welt. Dies erkenne ich. Und dieser meiner Erkenntnis und Wahrheit, dieser meiner Wirklichkeit begegne ich mit Achtung. Dies bin ich mir schuldig.
Damit hört ein Kümmern und Sorgen und Nahsein und Dasein nicht auf. Wer sich nicht für Kinder verantwortlich fühlt – weil sie das selbst sind – , der mutiert nicht zum Monster. Ich kümmere und sorge mich, bin nah und da nur eben nicht aus Verantwortung für Kinder – weil sie das selbst sind – sondern aus Verantwortung mir gegenüber, aus Verantwortung für mich.
Das Kümmern und Sorgen kommt gern mit der „Verantwortung“ daher: Kümmer-Verantwortung. Die ich übernehme, um anderen beizustehen und zu helfen. Die Kümmer-Verantwortung ist Alltag und banal. Hier geht es aber nicht um die Kümmer-Verantwortung, sondern das übergriffige, missionarische, adultistische, pädagogische „Ich bin für Dich verantwortlich, weil Du das nicht selbst bist.“
Wie verhalten sich die Kinder, wenn man aufhört, sich für sie (missionarisch, pädagogisch) verantwortlich zu fühlen? Meine Erfahrung ist, dass es nach einiger Zeit des erstaunten Aufmerkens und der Nagelprobe einen erleichterten Umschwung gibt. „Endlich verstehst Du! Endlich hörst Du auf, meine Innere Welt nach Deinem Bild zu formen.“

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